der spiegel lipiec 2008 - Moskau.pdf

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Moskau
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DAS DEUTSCHE NACHRICHTEN-MAGAZIN
Hausmitteilung
14. Juli 2008
Betr.: Titel, Terrorismus, Briatore
N irgendwo auf der Welt leben mehr Milliardäre, nirgendwo zwischen Kaliningrad
und Wladiwostok werden höhere Wolkenkratzer gebaut – als seien sie Symbole
des neuerwachten Machtanspruchs, der vielerorts in der russischen Hauptstadt spür-
bar ist. SPIEGEL-Autor Erich Follath, 59,
und Matthias Schepp, 44, Leiter des Mos-
kauer SPIEGEL-Büros, beschreiben in der
Titelgeschichte dieser Woche die rasante
und teils atemraubende Entwicklung einer
Metropole, die vor nicht allzu langer Zeit
als kommunistisches Aschenputtel unter
den Kapitalen galt. „Keine Stadt in Euro-
pa verändert sich schneller als Moskau“,
sagt Schepp. Die SPIEGEL-Leute trafen
Stararchitekten und Kunstmäzene, Auf-
steiger und Verlierer des Booms – und
dessen Kritiker: Archimandrit Tichon, 50,
etwa, religiöser Beichtvater des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin, 55,
machte keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen den „ultraliberalen“ Westen, den die
Russen, leider, zu kopieren suchten (Seite 106).
Follath, Tichon, Schepp (in Moskau)
erhielt, lotste sie nach London: „Um 16.30 an der U-Bahn-Station Green Park vor
dem Marks & Spencer Foodshop“. Dort wartete Noman Benotman, 41, einst Freiheits-
kämpfer gegen die Invasion der Sowjets in Afghanistan, dann Anführer der militanten
Libysch-Islamischen Kampfgruppe, die Staatschef Muammar al-Gaddafi stürzen wollte.
Der frühere Protagonist des radikalen Islam führte Sandberg in ein Restaurant an der
vornehmen Park Lane und sprach über den Krieg gegen
die Sowjets, über seine Kontakte zu Osama Bin Laden
und erklärte, warum er und andere prominente Gottes-
krieger sich inzwischen vom Terrornetzwerk al-Qaida
distanzieren. Zehn Tage später beobachtete Sandberg als
einzige deutsche Journalistin im US-Gefangenenlager
Guantanamo auf Kuba Anhörungen von mutmaßlichen
Drahtziehern der Anschläge vom 11. September 2001. An-
wälte der Tatverdächtigen beklagten sich bei ihr darüber,
dass ihnen der Einblick in wichtige Dokumente verwehrt
bleibe. „Was wir hier machen, ist in einem überwältigen-
den Maße frustrierend“, sagte der US-Anwalt David
Nevin, Zivilverteidiger von Chalid Scheich Mohammed,
dem selbsternannten Architekten der Anschläge von
New York und Washington (Seiten 120, 122).
Sandberg (in Guantanamo)
dings als Mitbesitzer des englischen Zweitliga-Clubs Queens Park Rangers Kom-
mandos und lässt sich gern mit den Schönen und Reichen dieser Welt fotografieren –
ohne Zweifel zählt der Mann mit der blauen Brille zu den schillerndsten Figuren des
Jetsets. SPIEGEL-Redakteur Detlef Hacke, 43, traf den Lehrersohn und gelernten
Landvermesser, der vor Jahren wegen illegaler Zockereien zu einer Gefängnisstrafe
verurteilt und später amnestiert worden war, in Barcelona und London. Er erlebte den
früheren Playboy, der im Juni eine 30 Jahre jüngere Frau heiratete, als „sichtbar älter,
aber nach einer Krebsoperation auch nachdenklich“ gewordenen Menschen. „Du
merkst, wie zerbrechlich du bist“, sagte Briatore dem SPIEGEL-Mann (Seite 130).
Im Internet: www.spiegel.de
der spiegel
29/2008
3
D ie knappe Nachricht, die SPIEGEL-Redakteurin Britta Sandberg, 45, per E-Mail
F lavio Briatore, 58, trumpft in der Formel 1 als Teamchef von Renault auf, gibt neuer-
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In diesem Heft
Titel
Vom hässlichen Entlein zur
kapitalistischen Glitzerstadt: Moskaus
neue Sucht nach Rekorden ............................. 106
Anschwellender Wahlkampf in Berlin Seite 24
Die Vorzeichen mehren sich, dass
Außenminister Frank-Walter Steinmeier
SPD-Kanzlerkandidat wird. Auch An-
gela Merkel bringt sich langsam in Posi-
tion für den nahenden Wahlkampf. Zu
einer offenen Feldschlacht wird es aber
kaum kommen – eher zu vielen Stiche-
leien und Scharmützeln. Die Streiterei-
en um Barack Obamas Rede in Berlin
liefern einen Vorgeschmack auf einen
Wahlkampf versteckter Aggressionen.
Deutschland
Panorama: Länderinnenminister wollen
Abschiebung straffälliger Ausländer erleichtern /
Koalition streitet über Dienstwagenbesteuerung /
Finanzierung der „Eurofighter“ gefährdet ........ 15
Sicherheitspolitik: Deutschland im
Fadenkreuz der kurdischen PKK ..................... 20
Koalition: Außenminister Steinmeier bringt
sich gegen Kanzlerin Merkel in Stellung ........... 24
Linke: Wie Oskar Lafontaine im Saarland
die SPD demütigt ............................................. 28
Atomdebatte: SPIEGEL-Gespräch mit dem
ehemaligen Umweltminister Klaus Töpfer über
eine Zukunft ohne Nuklearenergie .................. 30
Unions-Strategen und Industrievertreter basteln
an einem neuen Atomkonsens ......................... 32
Unterhalt: Der Bundesgerichtshof entscheidet
erstmals darüber, wann Mütter nach dem
neuen Recht wieder Vollzeit arbeiten müssen ... 34
Union: Die CSU-Parteiführung diskutiert über
den richtigen Umgang mit Angela Merkel ........ 35
Die Christsozialen nehmen bei einer
Franz-Josef-Strauß-Ausstellung eine Auszeit
von der schnöden Wirklichkeit ......................... 37
Grüne: Cem Özdemirs und Volker Ratzmanns
Kampf um den Parteivorsitz ............................. 38
Rechtsextremisten: Ein Schwede
mit Verbindungen zur NPD investiert
in Berlin Millionen ........................................... 40
Hauptstadt: Neuköllns Bürgermeister probt
den Neustart für Berlins Problembezirk ........... 42
Bildung: Deutschlands Hochschulen verrotten,
doch die Sanierung kostet Milliarden ............... 46
Bundeswehr: Öfter denn je verletzen sich
Soldaten bei Unfällen mit Waffen und Munition 48
Steinmeier, Merkel
Wer verliert, wer verliert weniger?
Seite 74
Die Deutschen leiden unter steigenden Preisen für Öl, Gas
und Strom. Eine Studie im Auftrag des SPIEGEL zeigt, wer
am meisten unter der Entwicklung zu leiden hat und wer
vergleichsweise günstig davonkommt. Das Problem wird in
Berlin erkannt. SPD und Union arbeiten an unterschiedlichen
Entlastungspaketen. Eine Variante: Besonders sparsame Haus-
halte könnten eine staatliche Belohnung bekommen.
SPIEGEL-SERIE
ENERGIE
VON MORGEN
Billigflieger in Turbulenzen Seite 62
Der steigende Ölpreis könnte das Ende
der einst gefeierten Billigfluglinien ein-
leiten. Mit ihren Dumpingtickets wollten
sie das Fliegen revolutionieren – und
drohen nun selbst abzustürzen. Teure
Zuschläge und Gebühren schrecken
immer mehr Kunden ab. Viele Gesell-
schaften entrümpeln ihre Jets – um
wertvolles Kerosin zu sparen.
Gesellschaft
Szene: Interview mit der Autorin Claudia
Hempel über die Eltern rechtsradikaler Kinder /
Roboter helfen Krankenschwestern .................. 51
Eine Meldung und ihre Geschichte – wie ein
Rentner seine großen Füße zu Geld machte ..... 52
Alkohol: Mit allen Mitteln versuchen
westliche Spirituosenkonzerne, das neue
China zu erobern ............................................. 54
Ortstermin: Was Bundespräsident
Horst Köhler von zwölf Intellektuellen
über die moderne Welt lernt ............................ 59
Wirtschaft
Trends: BMW im Konflikt mit Fiat / Glos prüft
ausländische Investoren / Gesundheit wird
teurer ............................................................... 60
Luftfahrt: Der Überlebenskampf
der Fluggesellschaften ...................................... 62
Telekom: Dauerfehde mit US-Gewerkschaften 65
Geldanlage: Wie Reiche die Abgeltungsteuer
umgehen können ............................................. 66
Konzerne: SPIEGEL-Gespräch mit
ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz über
die steigenden Stahlpreise und die Konkurrenten
aus Indien, China und Russland ....................... 68
Jobs: Warum Siemens ausgerechnet in der
erfolgreichen Medizintechnik Stellen streicht ... 71
Niedergang S. 96
Vielen gilt die Musikbranche
bereits als sterbende Industrie,
andere sehen zumindest Zei-
chen der Hoffnung: Mit neuen
Geschäftsmodellen kämpft der
Plattenriese Sony BMG gegen
den eigenen Niedergang. Aber
was kann einer der größten
Musikkonzerne der Welt tun,
wenn die Plattenverkäufe auf
breiter Front einbrechen?
Serie
Die Energie von morgen (II):
Die steigenden Preise für Öl, Gas und Strom
machen die Deutschen ärmer ........................... 74
Sony-BMG-Star Shakira
6
DIE
Kampf gegen den
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Medien
Trends: Müde Tour-Quoten / EM.Sport
verzichtet auf Highlight-Mehrheit ..................... 82
Fernsehen: Vorschau / Rückblick ................... 95
Musikindustrie: Bertelsmann will das Platten-
geschäft abstoßen – zum falschen Zeitpunkt? ... 96
TV-Unterhaltung: Der Urlaub der
türkischen Großfamilie „Die Özdags“ ............ 100
PKK-Idol Öcalan, kurdische Guerillakämpfer
Ausland
Panorama: Iran im Atomstreit verhandlungs-
bereit? / Thailand muss mit nächstem
Militärputsch rechnen / China entging
womöglich einer Nuklearkatastrophe ............. 103
Islamismus: Bin Ladens Dissidenten ............ 120
Al-Qaidas Chefplaner vor Gericht .................. 122
Österreich: Das Fiasko der Großen Koalition 124
Global Village: Wie ein Deutscher den
Kenianern das Schlittschuhlaufen beibringt .... 126
Die PKK droht Deutschland Seite 20
Weitgehend unbemerkt sind deutsche Sicherheitsbehörden zuletzt gegen militante
Kurden-Organisationen und Exilkader der verbotenen Arbeiterpartei vorgegangen.
Schon vor der Geiselnahme am Berg Ararat gab es deshalb Drohungen gegen
Deutschland. Ist das Kidnapping der Beginn einer Kampagne?
Sport
Szene: Verstärkte Straßenkontrollen in Peking /
Flucht einer afghanischen Olympia-Läuferin ... 129
Manager: Die glamouröse Karriere
des Formel-1-Teamchefs Flavio Briatore ......... 130
Wissenschaft · Technik
Prisma: Rekordfahrt einer Dampfmaschine /
Diamantenhagel über Nordamerika ................ 134
Astrophysik: Was passiert beim Zusammen-
stoß zweier Schwarzer Löcher? ...................... 136
Genetik: SPIEGEL-Gespräch mit dem
Harvard-Mediziner Nicholas Christakis über
die überschätzte Macht der Gene ................... 138
Kriminalistik: Die „Body-Farm“ – in Knoxville
lassen Forensiker Leichen verwesen ............... 142
Mobilfunk: Besserer Handyempfang durch
Mini-Sendestationen im Wohnzimmer ........... 143
Totenkult: Die „sprechenden Steine“ von
Amrum sind vom Zerfall bedroht ................... 144
Der Schmuck des Zaren S. 148
Vor 90 Jahren wurden Nikolai II. und seine Ange-
hörigen ermordet, die reichste Herrscherfamilie der
Welt. Bisher unbekannte Dokumente des russi-
schen Geheimdienstes zeigen, wie die Bolschewiki
anschließend nach dem Kronschatz fahndeten, um
ihn zu Geld zu machen.
Diadem aus dem Zarenschatz
Rasender Gigant im Universum Seite 136
Eine deutsche Astrophysikerin hat
das schnellste Gestirn im Univer-
sum entdeckt: ein Schwarzes Loch,
das aus seiner Galaxie verstoßen
wurde. Ein ähnlicher rasender Gi-
gant könnte auch entstehen, wenn
unsere Milchstraße dereinst mit der
Andromeda-Galaxie kollidiert.
Kultur
Szene: Carla Brunis Liebeschansons / Der
Architekt Wolfgang Lorch über das
Bauprojekt des Jüdischen Museums in Köln ... 146
Zeitgeschichte: Die Jagd nach
dem Zarenschatz ............................................ 148
Architektur: Widerstand gegen eine
Modernisierung der Berliner Staatsoper ......... 152
Festspiele: Die neu aufgeflammte Geschwister-
liebe der Wagner-Töchter in Bayreuth ............ 154
Autoren: SPIEGEL-Gespräch mit dem nieder-
ländischen Schriftsteller Leon de Winter über
sein neues Buch und die Zukunft Israels ....... 156
Literatur: Die Romanbiografie
„Alabama Song“ beschreibt Glanz und Elend
der Schriftstellerfrau Zelda Fitzgerald ............ 160
Interview mit Enkelin Eleanor Lanahan
über den Lebensstil ihrer Großeltern
Scott und Zelda Fitzgerald .............................. 161
Einbürgerung: Die wirklich wichtigen
deutschen Fragen ............................................ 162
Bestseller ...................................................... 163
Nahaufnahme: Wiederentdeckung
des legendären amerikanischen
Songwriters Rod McKuen ............................... 164
für Israel Seite 156
Leon de Winter entwirft in seinem neuen
Roman, der in den Niederlanden bereits in
den Bestsellerlisten steht, eine Schreckens-
vision des Staates Israel im Jahr 2024. Im
SPIEGEL-Gespräch sieht der Autor den jüdi-
schen Staat durch den wachsenden Terror von
innen und außen bedroht.
De Winter
Briefe ................................................................ 8
Impressum, Leserservice ........................... 168
Register ......................................................... 170
Personalien ................................................... 172
Hohlspiegel /Rückspiegel ........................... 174
Titelbild: Illustration Jean-Pierre Kunkel für den SPIEGEL
der spiegel
29/2008
7
Andromeda-Galaxie
Schreckensvision
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Briefe
„Ich bin nicht gegen Kernenergie, aber
angesichts des vollkommen ungelösten
Entsorgungsproblems und des naturgesetzlich
gegebenen Unsicherheitsfaktors ‚Mensch‘
ist der jetzige Schrei der Regierenden nach
mehr Kernenergie nicht nur populistisch,
sondern in höchstem Maße verantwortungslos.“
Das Comeback der Atomkraft steht am Fi-
nale einer untergehenden Zeit scheinbar
grenzenlosen Wirtschaftswachstums. Da-
nach senkt sich unwiderruflich der Vor-
hang. Applaudieren wir den Protagonisten
goldener Jahre, die wir erleben durften. Es
war ja so schön, but they never come back.
Liederbach am Taunus
Bernhard Trepczyk
Auch die kurze Halbwertszeit der verblei-
benden Vorräte an spaltbarem Material dis-
qualifiziert die Kernenergie als Alternative.
Sie scheidet daher als Zukunftsenergie aus.
Grundlast hin und Spitzenlast her: Auf ei-
nem Planeten mit begrenzten Ressourcen,
aber mit wachsendem Energiehunger gibt es
keine Alternative zu regenerativen Energien.
Heidelberg
SPIEGEL-Titel 28/2008
Dipl.-Ing. Herbert Taureg aus Hennef in Nordrhein-Westfalen zum Titel
„Atomkraft? Das unheimliche Comeback“
Grundlast hin, Spitzenlast her
Nr. 28/2008, Titel:
Atomkraft? Das unheimliche Comeback
Das wichtigste Argument gegen die AKW
fehlt: die tägliche Bedrohung aus dem
Weltall mit apokalyptischen Folgen. Dabei
veröffentlichte erst jüngst das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
über die Asteroiden: „Auch wenn man die
Gefahr nicht sieht, sie ist da. Es wäre fahr-
lässig, sich darauf nicht vorzubereiten.“
Dr. Constantin Sander
Der Artikel zeigt die noch aktuelle Ten-
denz, die Nachteile der Kernenergie zu
dramatisieren, die Vorteile als untergeord-
nete Petitessen abzutun. Zu den weltweit
angefallenen 2000 Tonnen Plutonium ist
anzumerken, dass die Technik der Wie-
deraufarbeitung und die Verwendung von
Mischoxid-Brennelementen gerade zu
dem Zweck erfunden wurde, um das Plu-
tonium zu beseitigen. Dabei wird nämlich
mehr Plutonium vernichtet als erzeugt.
Aber um es zu beseitigen, muss man es
zuvor trennen vom Rest. Diese Technik
wurde jedoch stets mit dem Hinweis auf
die „Plutoniumwirtschaft“ politisch vom
Tisch gewischt. Die Menschheit ist zwar
zum Mond aufgebrochen und hat Un-
glaubliches in Medizin und Technik geleis-
tet, aber kann sich nicht vorstellen, wie
man mit dem hochradioaktiven Abfall zu
Rande kommt.
Ostermünchen (Bayern) Dr. Friedrich Wörndle
Endlich findet zum Thema Kernenergie
auch in Deutschland eine Debatte ohne
ideologische Verblendung statt. Dazu trägt
der Titel in hervorragender Weise bei.
Noch zwei Anmerkungen: Die Abhängig-
keit bei Gas- und Ölimporten mit all ihren
möglichen Folgen ist in der Vergangenheit
nicht ausreichend gewertet worden. Und es
gibt bei der Energieerzeugung durch Kern-
kraftwerke leider keine 100-prozentige
Sicherheit, ein Restrisiko muss in Kauf ge-
nommen werden. Bei nüchterner Wertung
aller Aspekte wird an der weiteren Nut-
zung der Kernenergie – zumindest für eine
Übergangszeit – kein Weg vorbeiführen.
Bielefeld
Prof. Dr. Manfred Gabel
Kernkraftwerk Grafenrheinfeld
Finale einer untergehenden Zeit
Dieses Thema war überfällig. Allerdings
vermisse ich, dass Sie die deutsche Reaktor-
entwicklung, nämlich den Hochtempera-
turreaktor, erwähnen. Nachdem der AVR-
Kugelhaufenreaktor in Jülich eine 20-jähri-
ge Bewährungsprobe glänzend bestanden
hatte, wurde in Hamm-Uentrop sein Nach-
folger im September 1983 fertiggestellt. Er
hätte langfristig sowohl Strom als auch
Fernwärme und Prozessdampf liefern kön-
nen. Doch politische Verblendung brachte
das Projekt zu Fall. Wegen seiner Aus-
legung aus keramischen Werkstoffen zählt
der Hochtemperaturreaktor „von Natur
aus“ zu den sichersten Reaktoren der Welt.
Brühl (Bad.-Württ.)
Das DLR will daher einen Kleinsatelliten
entwickeln, um die ankommende Gefahr
wenigstens ankündigen zu können. Ab-
wehrmöglichkeiten gibt es bislang ohnehin
nur auf dem Papier. Wegen der ungeheu-
ren Einschlaggeschwindigkeit dieser Ge-
steinsbrocken können jedoch schon kleine
Stücke einen atomaren GAU auslösen.
Ellwangen (Bad.-Württ.)
Wolf-A. Melhorn
Nicht von den Atomkraftwerken an sich
geht das Gefahrenpotential aus, sondern
das Problem ist die lange Halbwertszeit.
24 400 Jahre ist beispielsweise die Halb-
wertszeit von Plutonium 239, das bedeutet,
dass von 40 Tonnen Abfall in 48 800 Jah-
ren noch 10 Tonnen strahlen. Sicherheits-
garantien über auch nur ein Viertel dieses
Zeitraums zu geben ist total unseriös, weil
man eventuelle Verschiebungen der Ge-
steinsschichten in diesen Tiefen nicht vor-
her berechnen kann.
Berlin
Horst Zohsel
Solange die Endlagerung so stattfindet wie
im Salzbergwerk Asse, ist die Verwendung
von Atomkraft ein Verbrechen an der Zu-
kunft. Wann endlich wird das verstanden?
Sinzig (Rhld.-Pf.)
Thomas Pfeiffer
SPIEGEL ONLINE Forum
Dirk Banze
Während bei den Gutverdienern trotz der
weiter steigenden Energiepreise noch lange
nicht das Licht ausgeht, bereitet sich der
kleine Mann schon auf archaische Lebens-
weisen vor, um nicht in der Schuldenfalle
zu landen. Es bleibt spannend, welche er-
leuchtende Antwort die SPD dazu präsen-
tiert. Der Vorschlag von Vordenker Epp-
ler, die Verlängerung der Laufzeiten an ei-
nen festgeschriebenen Atomausstieg im
Grundgesetz zu koppeln, hat die Diskus-
sion jedenfalls zumindest eröffnet.
Berlin
Diskutieren Sie auf SPIEGEL ONLINE
• Titel Kann Moskau, einst Vorzeigestadt des Kommu-
nismus, mit Metropolen wie New York konkurrieren?
www.spiegel.de/forum/Moskau
• Koalition Merkel und Steinmeier – Koalition oder
Konkurrenz? www.spiegel.de/forum/Koalition
• Islamismus Bin Laden verliert Mitstreiter – Hat al-Qaida
noch eine Zukunft? www.spiegel.de/forum/Qaida
Kay-Uwe Goldbach
8
der spiegel
29/2008
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Zgłoś jeśli naruszono regulamin