Marine-Arsenal Sonderheft 007 - Flugzeugtrager 1917-1939.pdf
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arlne-
rsena
Ein Wort zuvor!
Mit diesem Band soll die Entwicklungsgeschichte des Flug-
zeugträgers von seinen Anfängen bis zum Ausbruch des Zwei-
ten Weltkrieges nachgezeichnet werden. Daß dies hier nur in
einer sehr gestrafften Form möglich ist, wird an dem vorgege-
benen Umfang dieser Heftserie deutlich. Deshalb mußte der
Blick auf das Wesentliche ausgerichtet werden; aber man muß
sich darüber im Klaren sein, daß das angesetl:te Thema ein gan-
zes Buch ausfüllen könnte (und mehrere Bände, wenn man die
Entwicklung bis zur Gegenwart darstellen wollte!). Vorgabe
ist es, Marineinteressierten - und dabei ist vor allem an "Ein-
steiger" in diese Materie gedacht, also an die jüngere Genera-
tion - die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild über den
Entwicklungs- und Rüststand bis zum Kriegsbeginn zu ver-
schaffen.
Erlaßt sind alle am 1. September 1939 fertigen und im Bau be-
findlichen Flugzeugträger aller Nationen. Bei den fertigen Trä-
gern ist hinsichtlich ihrer Entwicklung und Bewertung näher
eingegangen als bei den im Bau befindlichen. Nicht möglich
war die Berücksichtigung von Änderungen der Bewaffnung und
anderer Ausrüstungselemente sowie die Aufzählung aller Krieg-
seinsätze über die hier gewählte Stichwortform hinaus. Diese
Einschränkungen betreffen auch die eingeschifften, vielfach
ausgewechselten Flugzeugtypen. Es ist aber geplant, im Rah-
men der "Marine-Arsenal"-Reihe auch einen Band über die bis
1939 einsatzbereiten Trägerflugzeugtypen zu bringen. Außer-
dem besteht die Absicht, einen Band über die im Krieg gebau-
ten Flugzeugträger zusammenzustellen.
Siegfried Breyer
Literaturübersicht
Bertrand, La Marine Francaise 1939-1940, La Tour-du-Pin 1984
Breyer, Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970,
München 1970
Breyer, Flugzeugträger GRAF ZEPPELIN, "Marine-Arsenal"
Band 4, Friedberg 1988
Chesneau, The WorIds Aircraft Carriers 1914-1945.
London 1986
Chesneau, Aircraft Carriers of the World, London 1984
Conway's All the World's Fighting Ships 1922-1946,
London 1980
Dousset, Les Porte-Avions francaises des origines (1911)
a
nos
jours, Brest-Paris 1978
Friedman, U.S. Aircraft Carriers, London-Me1bourne 1983
Friedman, British Carrier Aviation, London 1988
Gröner, Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945, Band 1,
München 1982
Hadeler, Flugzeugschiffe, München 1939
Hadeler, Der Flugzeugträger, München 1968
Langerer, AKAGI
&
KAGA (in: "Warship" 22 und 23,
London 1982)
Jung-Jentschura-Mickel, Die japanischen Kriegsschiffe
1869-1945, München 1970
Mau, Scurrell, Flugzeugträger-Trägerflugzeuge, Berlin 1991
Mitsubishi, Naval Vesse1 1887-1945, Tokio 1957
van Münching, Vliegkampschepen, Alkmaar 1962
National Maritime Museum, F1ying in the Royal Navy
1914-1964, London 1964
Rohwer-Hümme1chen, Chronik des Seekrieges 1939-1945,
01denburg 1968
Silverstone, Directory of the Worlds Capital Ships,
London 1984
Terzibaschitsch. Flugzeugträger der U.S.Navy: Flottenflug-
zeugträger. Koblenz 1986
Watts. Japanese Warships of World War II, London 1966
Bek.~er. Flugzeugträger. Oldenburg 1962
Außerdem zahlreiche Jahrgänge der periodischen Werke "Janes
Fighting Ship". "Flottes de Combat", "Almanacco Navale",
"Brassey's ?\a\"al Annual" sowie der Zeitschriften "Marine-
Rundschau".
"es.
Naval Institute Proceedings", "Revue Ma-
ritime". "Rivista Marittima", "Ships of the World" und andere.
Bildquellen
Atelier de PenhO<:t:1:
11arine Nationale: 3:
Sammlung Breyer: 39:
"Ships of the World": 13:
Bibliothek für Zeitgeschichte: I:
US Navy: 5:
Royal British \""avy: 19:
Sammlung Hadeler: 2:
Skizzen: Copyright F. ;\lrva (18) und Copyright S. Breyer (19).
Das Bild auf der Umschlagvorderseite zeigt den britischen Flug-
zeugträger GLORIOUS genau von vorn in schwerer See, ge-
malt von Horst Helmus.
©
Copyright, 1993
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks,
beim PODZUN-P ALLAS-VERLAG GmbH,
Markt 9, 61169 Friedberg/H. (Dorheim)
Tel.: 06031/3131
+
3160, Fax: 06031/62969
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63401 Hanau (Für Beantwortung Ihrer Fragen
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ISBN 3-7909-0484-8
arlDI-
rSIDa
•
MARINE-
ARSENAL
•
Das Ende eines Flugzeugträgers:
Die amerikanische SARATOGA kurz vor dem Atombombentest "Able" im Juli 1946
beim Bikini-Atoll.
FLUGZEUG TRAG ER
••
1917· 1939
SIEGFRIED BREYER
PODZUN-PALLAS-VERLAG - 61169 Friedberg/H. (Dorheim)
•
Kurze Entwicklungsgeschichte
Die Möglichkeit, schon aus Höhen von wenigen hundert Metern weite Was-
seroberflächen überschauen zu können - auf denen es weder Wälder, noch
Berge noch Ansiedlungen gibt, hinter denen man sich verbergen kann - führ-
te schon verhältnismäßig frühzeitig bei den größeren Marinen zu ausgedehn-
ten Versuchen mit FesselbalIonen und Fesseldrachen; sie reichten noch über
die Jahrhundertwende hinaus. Als dann das motorangetriebene Flugzeug seine
technische Reife zu erlangen begonnen hatte, wagten es einige kühne Pio-
niere, diese neue Errungenschaft auch für die Kriegsflotten nutzbar zu ma-
chen. Zu dieser Zeit dominierte noch das als "allmächtig" angesehene
Schlachtschiff. Niemand dachte zu dieser Zeit daran, daß das Flugzeug bin-
nen 30 Jahren die HegemonialsteIlung des Schlachtschiffes erschüttern wür-
de.
In jenen Jahren war freilich noch nicht an einen ausgesprochenen Kampf-
einsatz des Flugzeuges zu denken. Günstigstenfalls konnte es als "Auge"
des eigenen Schiffes (oder auch eines Flottenverbandes) von Nutzen sein.
also als ausgesprochenes Aufklärungsmittel. Genau dieser Gedanke schwebte
den Pionieren von damals auch vor. Natürlich war diese Ideenwelt noch nicht
so eng umrissen, als daß sich daraus eine stetige und folgerichtige Entwick-
lung hätte anbahnen können. Primär war es technischer Erfindergeist, der in
erster Linie untersuchen wollte, ob ein Schiff als Startplattform für Flugzeu-
ge überhaupt geeignet ist.
Solche Überlegungen wurden bereits vor der Jahrhundertwende in Frank-
reich angestellt, zu einem Zeitpunkt, zu dem das Flugzeug noch eigentlich
eine utopische Vorstellung war. Einer dieser Ideenträger war der Franzose
Clement Ader; er veröffentlichte 1895 eine Arbeit mit dem Titel "L' Aviation
militaire". Darin - und dies ist das Erstaunliche - prophezeite er die Ent-
wicklung des Flugzeuges und seiner schwimmenden Stützpunkte. Seine Über-
legungen über die Gestaltungsweise des zukünftigen Flugzeugträgers. ka-
men dabei in bemerkenswerter Weise der späteren Wirklichkeit nahe .
Die amerikanische Marine versuchte als erste. das gerade flugtauglich ge-
wordene Flugzeug in den Dienst der Marine zu stellen. Initiator war vor
allem Captain W. 1. Chambers. Er setzte die Herrichtung des Kreuzers BIR-
MINGHAM für entsprechende Versuche durch; auf ihm wurde behelfsmiillig
eine etwas über 24 m lange, 7 m breite und um 5 Grad zum Bug geneigte
Plattform errichtet, die als Abflugdeck dienen sollte. Am 14. !\o\'ember 1910
startete der Curtiss- Versuchspilot Eugen Ely mit einem gewöhnlichen. dl1.
mit Radfahrwerk ausgestatteten Flugzeug und erreichte wohlbehalten das
Festland. Es war dies der erste Start eines Flugzeuges von einem Schiff aus~
Damit aber war nur ein Teil des Problems gelöst. Sehr viel komplizierter war
die sichere Landung - kompliziert in einem so großen Maß, daß das Starten
vergleichsweise einfach schien. Kernpunkt des Problems war. wie man das
Flugzeug nach seinem Aufsetzen auf der Landeplattform rechtzeitig - ohne
Schaden für dieses selbst und das Schiff - zum Halten bringen konn-te. Des-
halb mußten weitergehende Versuche angestellt werden. Die vor-
angegangenenen Überlegungen führten schließlich zur Herrichtung des al-
ten Panzerkreuzers PENNSYLVANIA für Landeversuche. Die Ver-antwortung
und Leitung lag auch diesmal in den Händen von Chambres. Auf der
PENNSYLVANIA wurde über dem Achterdeck eine 32 m lange und 9.60 m
breite Landeplattform aufgebaut, die leicht nach achtern ge-neigt war. so daß
das landende Flugzeug gewissermaßen "bergauf" ausrollen mußte. Seitliche
Holzbarrieren und vor allem eine vor dem achteren Mast quer über Deck
gespannte Wand aus Segeltuch sollten das Flugzeug ab- bzw. auffangen.
falls die Landung mißglückt. Um es auf der relativ sehr kurzen Ausrollbahn
noch rechtzeitg zum Stoppen zu bringen, hatte man im Abstand von jeweils
90 cm quer über Deck 22 Seile verlegt, an deren Enden 25 kg schwere Sand-
säcke befestigt waren. Das zum Versuch bestimmte Flugzeug erhielt am
Schwanz zwei Haken, mit denen die Seile nach und nach gegriffen und mit-
geschleppt werden sollten. Dies bedeutete von Seil zu Seil eine ständige -
bis zu 1000 kg - zunehmende Gewichtsmenge, so daß das Flugzeug in ra-
scher Folge immer langsamer werden und schließlich zum Halten kommen
mußte.
Wiederum war es Eugen Ely, der als erster Pilot eine Landung an Deck wag-
te. Er startete am Morgen des 18. Januar 1911 von Land aus und flog mit
Kurs auf die Bucht von San Francisco, in welcher sich die PENNSYLVANIA
befand. Er benutzte dabei eine 450 kg schwere Maschine, deren Vierzylin-
dermotor nur wenig mehr als 60 kmIh Geschwindigkeit zuließ. Zur Landung
steuerte er die PENNSYLVANIA von achtern an, das Aufsetzen gelang auf
Anhieb. Allerdings hatte seine Maschine erst die letzten 12 Bremsseile zu
fassen bekommen: aber das an ihnen hängende Gesamtgewicht von 600 kg
genügte. um sie bereits nach 10 m zum Stehen zu bringen, und zwar so
weich. daß keine der befürchteten, die Festigkeit des Flugzeuges gefährden-
den Stöße auftraten. Nachdem die Bremsseile weggeräumt waren, setzte sich
EI)' erneut in das Flugzeug und startete, so als sei das selbstverständliche
Pra.~s. Dieser \brgang bedeutete nicht mehr und nicht weniger als die Geburts-
stunde der Bordt1iegerei! Allen Zweiflern und Skeptikern zum Trotz - und es
waren derer nicht wenige - war nunmehr der unwiderlegbare Beweis erbracht
worden. daß der 'schwimmende Flugplatz" keine Utopie mehr ist und nun-
mehr unumkehrbar in den Bereich des Möglichen gerückt war.
An diese Entwicklung knüpfte die britische Marine im Jahr 1912 an. Auf
zwei äl,eren SchJachtschiffen, HIBERNIA und LONDON, wurden über dem
\Orschiif ebenfalls solche Plattformen errichtet, die für den Start von Flug-
zeugen dienen sollten. Die ab Mai 1912 begonnenen Versuche verliefen durch-
weg erfolgreich .. -\lIerdings beschritten die Briten einen anderen Weg als die
.-\meri.I-;a;Jer:Sie wrwendeten nämlich Wasserflugzeuge, unter deren Schwim-
meü:J
sie F~~ötelle mit Rädern montierten. Den Anstoß hatten die Ergeb-
nisse der ersten. in ~Ionaco veranstalteten Luftfahrtschau gegeben: Man ge-
wann den Ein<!ruck. daß die schwerfälligen und das Artilleriefeuer behin-
denxkn P!anIOITi1en entbehrlich sind, wenn anstatt Flugzeuge mit Räder-
f:!brge-stdl Wassen1ugzeuge verwendet werden, die zum Start und zur Lan-
dung a~f der W:c.,-'Croberfläche geeignet waren. Dies führte zum Ausbruch
der l?lfeaden \-ersuche. dabei entbrannte ein heftig geführter Meinungsstreit:
Die
eide
Pmei berurwortete die Ausrüstung jedes genügend groBen Kriegs-
s.chiifö mi, Sumpl:mforrnen und "Rad-Flugzeugen", die andere Partei ver-
schrieb sich dem W=rt1ugzeug. Das ging soweit, daß es zur Ausarbeitung
von erseen .\eutlauprojekten kam. Ende 1912 legte die Beardmore-Werft in
rP.lmcir IG!asgowl einen solchen Projektentwurf vor. Dieser sah ein 15 000
[S
\erd.,-;mger,,:1ö Schiff \'on 130 m Länge und 25 m Breite vor, das ein 145 m
langes und iJis :: m (im Bereich der 65 m langen Aufbauten nur 15 m)
breieö rmg\k-.:k haben sollte und zehn radwerkunterstützte Wasserflugzeu-
ge
\ief &nx; demontiert) mitzuführen vermochte. Um das Flugdeck durch-
g:ingig zu ha;:.en.
so:!;e
an jeder Seite ein Schornstein errichtet werden. Das
iiir den .\e!!b-~~n<\\~Jrf zuständige Gremium der Royal Navy lehnte dieses
Proje! ., jedoch ~b. weil ihm die bisherigen Versuche unzulänglich erschie-
~D
unc die ,,-ei,ere Entwicklung des Flugzeuges abgewartet werden sollte.
Fr:JJLueich
wo..;-
die nächste Seemacht, die sich dieser Entwicklung zuwand-
te.
Die
Bemühunge:! dort begannen bereits 1908. Zu diesem Zeitpunkt führ-
ten die .-\merikaner Or.ille und Wilbur Wright ihre Flugzeuge in Europa vor,
wobei sie \~I Erfolg wrbuchen konnten. Eine dreiköpfige Kommission aus
Oftlzieren m;d Ingenieuren der französischen Marine erhielt deshalb den Auf-
trag. die FJ!!gvortUhrungen von Orville Wright in der Nähe von Le Mans zu
Beginn einer neuen
Entwicklung srichtung.-
Britisches Flugzeug-
mutterschiff CAMPANIA.
2
-
beobachten und fachlich zu beurteilen; dabei sollten sie vor allem auf die
militärische Verwendung von Flugzeugen im Marinebereich eingehen. Eine
andere Kommission unter Admiral Le Pord hatte kurze Zeit später ebenfalls
Luftfahrtfragen zu bewerten; dabei empfahl sie die Einführung von eigens
für die Marine spezialisierten Flugzeugen mit besonderem Augenmerk auf
ihre Startfähigkeit von Schiffen aus. Er kam dabei zu dem Resultat, daß
solche flugzeugtragenden Schiffe zwei Haupteigenschaften aufweisen müs-
sen: Erstens eine bestimmte Mindestgröße, um den bordgestützten Einsatz
von Flugzeugen überhaupt zu ermöglichen, und zweitens eine größere Ge-
schwindigkeit, um bei Operationen mit Flottenverbänden mithalten zu kön-
nen. Auf Grund der positiven Beurteilungslage kaufte die französische Mari-
ne am 12. September 1910 ihr erstes Flugzeug; geliefert wurde es von den
Erbauern Henri und Maurice Farman. Die eigentliche Entwicklung der fran-
zösischen Marineluftfahrt begann aber erst am 20. März 1912 mit der Schaf-
fung einer marineeigenen Flugbehörde, mit deren Leitung Commandant
Davenly beauftragt wurde. Dieser war zugleich Kommandant des alten Kreu-
zers FOUD-RE, der bald darauf zum Mutterschiff für Flugzeuge bestimmt
und entsprechend hergerichtet wurde. Er erhielt einen Flugzeugschuppen, in
dem zwei bis drei Flugzeuge eingestellt werden konnten, und auf Vorschiff
eine kurze Startplattform.
Am 8. Mai 1914 unternahm der französische Pilot Rene Caudron auf der
Reede vor St. Raphael den ersten Startversuch; er verlief erfolgreich. In der
Folgezeit wurde dann - wie in Großbritannien - dem Wasserflugzeug der
Vorzug gegeben. Man ging dabei davon aus, daß es ohne Schwierigkeiten
nach dem Wassern an Bord genommen werden kann, wenn Hebezeuge und
Unterstellmöglichkeiten vorhanden sind. Zudem wurde man sich - zu recht -
bewußt, daß ein mit Wasserflugzeugen ausgerüstetes Kriegsschiff nichts von
seiner Operations freiheit einzubüßen brauche, denn beim Einsatz von Rad-
flugzeugen mußte es zwangsläufig in einem so nahen Abstand von der hei-
mischen Küste bleiben, daß diese dort auch landen können, denn ein Zurück
auf das Schiff gab es nicht. War die See einigermaßen ruhig, so konnte das
Wasserflugzeug überall und ohne Rücksicht auf die Entfernung zum erreich-
baren Festland eingesetzt werden.
Von hier ab wandte sich der Schwerpunkt der Entwicklung eindeutig Groß-
britannien zu; alle anderen Marinen - auch die amerikanische - traten hinge-
gen eher in den Hintergrund. Besonders augenfällig wurde das an der Ein-
. richtung einer besonderen Behörde für die Luftfahrtfragen innerhalb der
Admiralität. Dieses "Air Department" wurde nicht nur als Anhängsel eines
noch völlig im Un-gewissen heranreifenden Elements der Seemacht geschaf-
fen, sondern als eine mit allen Vollmachten und ausreichenden Mitteln aus-
gestattete ar-beitsfähige Institution zur Klärung aller auftauchenden marine-
relevanten Luftfahrtfragen. Dies überrascht nicht, wenn man weiß, daß die
britischen Bemühungen fehlgeschlagen waren, einen eigenen Luftschifftyp
zu entwickeln, wie er in der Kaiserlichen deutschen Marine vorhanden war.
Dies war der Grund, weshalb sich die Royal Navy besonders der Entwick-
lung des Flugzeuges annahm und diese in erheblichem Ausmaß förderte.
Um praktische Erfahrungen im Bordflugbetrieb zu sammeln, rüsteten die
Briten den alten Kreuzer HERMES als Versuchsschiff für Wasserflugzeuge
aus. Die mit ihm gesammelten durchweg guten Erfahrungen gaben Anfang
1914 den Anlaß, einen gerade eben begonnenen Frachtdampfer anzukaufen
und als "Seaplane Carrier" - zu deutsch "Seeflugzeugträger" - fertig-zustel-
len. Dieses Schiff, das zuerst den Namen ARK ROYAL führte und später
den Namen PEGASUS erhielt, bekam ein zur Aufnahme von Wasserflugzeu-
gen eingerichtetes Deck, das zwei Drittel seiner Länge in Anspruch nahm.
Die mitzuführenden Wasserflugzeuge mußten durch zwei große Laufkräne
ein- und ausgesetzt werden. Ursprünglich war daran gedacht, das Deck völ-
lig hindernisfrei auszuführen, so daß es erforderlichenfalls auch von Flug-
zeugen mit Räderfahrgestellen zum Start und zur Landung benutzt werden
könnte. Hierzu ist es aber infolge des bald danach ausbrechenden Krieges
nicht mehr gekommen. Nach seiner Fertigstellung im Januar 1915 kam das
Schiff im Mittelmeer zum Einsatz.
Das Fehlen an brauchbaren Luftschiffen einerseits und die sehr geringe Reich-
weite der verfügbaren Flugzeugmuster bewogen die Admiralität, ab August
1914 - nach Kriegsausbruch - zunächst drei und danach weitere Kanal-
fährdampfer zu übernehmen und für die Verwendung von Wasserflugzeugen
herzurichten. Man wollte damit bewegliche schwimmende Stützpunkte schaf-
fen, um den Wirkungsbereich - d. h. Aufklärungsbereich - der vorhandenen
Flugzeuge zu erhöhen. Alle diese und die danach zur Flotte stoßenden
"Seap1ane Carriers" waren verhältnismäßig klein; daß sie überhaupt dafür
ausgewählt worden waren, hatten sie in erster Linie ihrer relativ hohen Ge-
schwindigkeit zu verdanken. Diese betrug über 20 km und übertraf auch die
eines größeren Teils der vorhandenen Fahrgastdampfer. Die Notwendigkeit
einer relativ hohen Geschwindigkeit ergab sich aus der taktischen Forderung
einer Zusammenarbeit mit regulären Kriegsschiffen oder Kriegsschiff-
verbänden. Allerdings haftete diesen Kanalfährschiffen ein schwerwiegen-
der Nachteil an: Es war dies ihr zu geringer Fahrbereich. Von Anfang an
hatten sie niemals andere Strecken zu bewältigen als die über den Kanal
nach Frankreich und über die Irische See nach Irland. Dementsprechend waren
auch ihre Treibstoffvorräte und -bunker berechnet. Deshalb waren sie mit
den Erfordernissen des Flottendienstes nur schwerlich in Einklang zu brin-
gen. Ein anderer Nachteil scheint dagegen bewußt in Kauf genommen wor-
den zu sein, nämlich die geringe Kapazität der an Bord aufzunehmenden
j
Flugzeugmutterschiff ARK ROYAL der Royal Navy.
Flugzeuge. Aber bei Kriegsbeginn verfügte die britische Marine ohnehin nicht
über genügend Piloten und Flugzeuge. Bald nach ihrer Indienstnahme zeigte
sich, daß diese Schiffe allzu leicht schlingerten, was das Aus- und Einsetzen
ihrer Flugzeuge erschwerte, ja oftmals überhaupt unmöglich werden ließ.
Auch waren die recht primitiv gebauten Flugzeugschuppen - vielfach nur
aus Holz und Segeltuch bestehend - bald schadhaft und mußten durch Hallen
aus leichten Blechen ersetzt werden. Im Frühjahr 1915 folgten zwei weitere
Schiffe, von denen das eine, die CAMPANIA (ein Fahrgast-Schnelldampfer)
der größte unter diesen Seaplane Carriers wurde: Sie konnte immerhin 10 bis
12 Flugzeuge aufnehmen, ihre Vorgänger dagegen nur bis zu fünf. Hinzu
kam noch etwas anderes: Die CAMPANIA erhielt ein von der Brückenfront
bis zum Bug reichendes Startdeck, von dem Wasserflugzeug mit unterlegten
Räderfahrgestellen starten sollten. Damit war sie eine der markantesten Vor-
stufen zum späteren Flugzeugträger geworden. Allerdings mußte man als-
bald erkennen, daß der Radstart von Wasserflugzeugen nur ausgesprochen
leichten Flugzeugen möglich war. Dennoch verhieß die CAMPANIA den
Beginn einer neuen Entwicklungsrichtung, die geraden Weges zum Flug-
zeugträger in seiner endgültigen Gestaltung führte. Die auf und mit der
CAMPANIA gesammelten Erfahrungen waren von unschätzbaren Wert.
Ein neues Stadium in der Entwicklung begann unter Admiral Beatty, der im
Herbst 1916 Admiral Jellicoe als Chef der Grand Fleet abgelöst hatte. Mit
Nachdruck setzte dieser die Verstärkung und den Ausbau der Marinefliegerei
durch. Es zeigte sich jedoch sehr bald, daß man an einem Endpunkt ange-
langt war und mit den bisherigen Mitteln der Improvisation nicht mehr wei-
ter-kommen ·würde. Das Gebot der Stunde hieß, sich dem "Land-Flugzeug" -
also dem mit Räderfahrwerk ausgestatteten Flugzeug - zuzuwenden und die-
ses für den Marineeinsatz nutzbar zu machen. Seine Befähigung zum Start
von einer schwimmenden Plattform aus stellte es ab 1916 unter Beweis, und
ab 1917 fing man damit an, versuchsweise Landungen auf den Startdecks
durchzuführen. Die Ergebnisse waren entgegen vielfach bestehender Skep-
sis zufriedenstellend und bewirkten für die weitere Entwicklung einen kräf-
tigen Schub. Mehrere Marksteine kennzeichnen den weiteren Verlauf der
Entwicklung:
• Ein nach Baustopp auf der Helling liegengebliebener Fahrgastdampfer
wurde im August 1916 erworben und als Flugzeugträger fertiggestellt. Im
Spätsommer kam er unter dem Namen ARGUS in Dienst. Er blieb der einzi-
ge dienstbereite Flugzeugträger während des Ersten Weltkrieges, hatte aber
an den Kampfhandlungen keinen Anteil mehr ..
• Im Januar 1917 erhielt die Armstrongwerft den Auftrag zum Entwurf und
Bau eines Flugzeugträgers (Hermes).
• Im Frühjahr 1917 fiel die Entscheidung, die FURIOUS,
• einer der unter der Initiative von Admiral Lord Fisher für den Einbruch in
die Ostsee gebauten "Large Light Cruiser", als Flugzeugträger fertigzustel-
len.
August
1915 :
Der erste Start eines Radflugzeuges von
der CAMPAN1A.
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