Hebbel Friedrich - Gyges Und Sein Ring.txt

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Friedrich Hebbel
Gyges und sein Ring
Eine Trag�die in f�nf Akten




Einen Regenbogen, der, minder grell, als die Sonne,
    Strahlt in ged�mpftem Licht, spannte ich �ber das Bild;
Aber er sollte nur funkeln und nimmer als Br�cke dem Schicksal
    Dienen, denn dieses entsteigt einzig der menschlichen Brust.



Personen:

Kandaules, K�nig von Lydien

Rhodope, seine Gemahlin

Gyges, ein Grieche

Lesbia und Hero, Sklavinnen

Thoas und Karna, Sklaven

Volk

Die Handlung ist vorgeschichtlich und mythisch; sie ereignet sich
innerhalb eines Zeitraums von zweimal vierundzwanzig Stunden.



    Erster Akt
    Zweiter Akt
    Dritter Akt
    Vierter Akt
    F�nfter Akt






Erster Akt

Halle.

Kandaules und Gyges treten auf. Kandaules schnallt sich das
Schwert um, Thoas folgt mit dem Diadem.

Kandaules.
Heut sollst du sehn, was Lydien vermag!--
Ich wei�, ihr Griechen, wenn auch unterw�rfig,
Weil ihr nicht anders k�nnt, tragt knirschend nur
Das alte Joch und spottet eurer Herrn.
Auch wird nicht leicht was auf der Welt erfunden,
Das ihr nicht gleich verbessert: w�r's auch nur
Der Kranz, den ihr hinzuf�gt, einerlei,
Ihr dr�ckt ihn drauf und habt das Ding gemacht!

Thoas (reicht ihm das Diadem).

Kandaules.
Das neue Diadem! Was soll mir dies?
Hast du dich auch vielleicht im Schwert vergriffen?
Ja, beim Herakles, dessen Fest wir feiern!
Ei, Thoas, wirst du kindisch vor der Zeit?

Thoas.
Ich dachte--

Kandaules.         Was?

Thoas.
Seit f�nf Jahrhunderten
Erschien kein K�nig anders bei den Spielen,
Die dein gewalt'ger Ahn gestiftet hat,
Und als du es das letzte Mal versuchtest,
Die alten Heiligt�mer zu verdr�ngen,
Da stand das Volk entsetzt und staunend da
Und murrte, wie noch nie!

Kandaules.
        Nun meinst du denn,
Ich h�tt's mir merken und mich bessern sollen,
Nicht wahr?

Thoas.                 O Herr, nicht ohne
einen Schauder
Ber�hre ich dies Diadem, und nie
Hab ich dies Schwert am Griff noch angefa�t,
Das alle Herakliden einmal schwangen.
Doch deinen neuen Schmuck betracht ich ganz,
Wie jedes andre Ding, das gl�nzt und schimmert,
Und das man hat, wenn man's bezahlen kann.
Nicht an Heph�stos brauche ich dabei
Zu denken, der dem g�ttlichen Achill
Die Waffen schmiedete, und in dem Feuer,
Worin er Zeus die Donnerkeile st�hlt,
Auch nicht an Thetis, die durch ihre T�chter
Ihm Perlen und Korallen fischen lie�,
Damit es an der Zierde nicht gebreche:
Ich kenn den Mann ja, der das Schwert geliefert,
Und jenen, der das Diadem gef�gt!

Kandaules.
Nun, Gyges?

Thoas.                 Herr, die Treue spricht aus
mir,
Bin ich zu k�hn, so bin ich's deinetwegen!
Und glaube mir: die vielen Tausende,
Die hier zusammenstr�men, wenn sie auch
In feinrer Wolle gehn und leckrer essen,
Sind ganz so t�richt oder fromm, wie ich.
Dein Haupt und dieser Reif, das sind f�r sie,
Trau deinem Knecht, zwei H�lften eines Ganzen,
Und ebenso dein Arm und dieses Schwert.

Kandaules.
Das denken alle?

Thoas.
Ja, bei meinem Kopf!

Kandaules
So darf's nicht l�nger bleiben! Nimm denn hin
Und tu, was ich gebot.

Thoas (mit dem alten Schmuck ab).

Gyges.
          Du tatst ihm weh.

Kandaules.
Ich wei�, doch sprich: wie h�tt' ich's �ndern k�nnen?
Wahr ist, was er gesagt! Hier gilt der K�nig
Nur seiner Krone wegen und die Krone
Des Rostes wegen. Weh dem, der sie scheuert,
Je blanker, um so leichter an Gewicht.
Allein, was hilft's, wenn man sich nun einmal
So weit verga�, weil man's nicht mehr ertrug,
Blo� durch den angestammten Schmuck zu gl�nzen,
Zu gelten, wie gepr�gte M�nzen gelten,
Die keiner w�gt, und mit den Statuen,
Die in geweihten Tempelnischen stehn,
Die schn�de Unverletzlichkeit zu teilen:
Man kann doch nicht zur�ck?

Thoas (k�mmt mit dem neuen Schmuck).

Kandaules.
              So ist es recht!

(Er setzt das Diadem auf.)

Das sitzt! Und alles, was mein K�nigreich
Im Schacht der Berge und im Grund des Meeres
An Perlen und Kleinodien nur liefert,
Nicht mehr, noch weniger, ist hier vereint:
Der Edelstein, den man bei uns nicht findet,
Und w�r' er noch so sch�n, ist streng verbannt,
Doch freilich lie� ich auch f�r den noch Platz,
Den man in hundert Jahren erst entdeckt.--
Begreifst du nun?

(Zu Gyges.)


    Das andre eignet sich
F�r einen Riesenkopf, wie eure Bildner
Ihn meinem Ahnherrn wohl zu geben pflegen,
Wenn er im L�wenfell mit plumper Keule
Von eines Brunnens moos'gem Rand herab
Die Kinder euch erschrecken helfen soll.

(Er g�rtet sich das Schwert um.)

Dies Schwert ist etwas leichter, wie das alte,
Doch daf�r kann man's schwingen, wenn man mu�,
Und nicht blo� drau�en, unterm freien Himmel,
Wo die Giganten sich mit Felsen werfen,

(Er zieht's und schwingt's.)

Nein, auch in menschlich engem Raum, wie hier!
Drum, Thoas, spar dir ja die dritte Rede,
Die zweite h�rt' ich heut!

Thoas.
              Vergib mir, Herr!
Doch wei�t du: nicht die jungen Glieder sind's,
In denen sich ein Wittrungswechsel meldet,
Die alten Knochen sp�ren ihn zuerst! (Ab.)

Gyges.
Er geht betr�bt.

Kandaules.                 Gewi�, er sieht's
nicht gern,
Da� jetzt der n�chste Donnerkeil mich trifft,
Und das steht fest f�r ihn, es w�re denn,
Da� mich die Erde fr�her schon verschl�nge,
Wenn nicht der Minotaurus gar erscheint!--
So sind sie, denke darum aber nicht
Gering von ihnen! Nun, noch heute wirst du
Sie spielen sehn!

Gyges.
  Und w�nsche, mitzuspielen.

Kandaules.
Wie, Gyges?

Gyges.                   Herr, ich bitte dich
darum

Kandaules.
Nein, nein, du sollst an meiner Seite sitzen,
Damit ein jeder sieht, wie ich dich ehre,
Und wie ich will, da� man dich ehren soll.

Gyges.
Wenn du mich ehrst, so schl�gst du mir's nicht ab.

Kandaules.
Du wei�t nicht, was du tust! Kennst du die Lyder?
Ihr Griechen seid ein kluges Volk, ihr la�t
Die andern alle spinnen und ihr webt.
Das gibt ein Netz, wovon kein einz'ger Faden
Euch selbst geh�rt, und das doch euer ist!
Wie leicht w�r's zugezogen und wie rasch
Die ganze Welt gefangen, wenn der Arm
Des Fischers nur ein wenig st�rker w�re,
Der es regieren soll. Da aber fehlt's!
Ihr k�nnt durch keine Kunst die Nervenstr�nge
Uns aus dem Leibe haspeln, darum stellen
Wir uns viel blinder, als wir wirklich sind,
Und gehn zu unsrem eignen Spa� hinein:
Ein kleiner Ruck macht uns ja wieder frei.

Gyges.
Wir feiern diese Spiele auch.

Kandaules.
              Ja, ja!
So unter euch! Da ringt der Dorier
Mit dem Ionier, und mischt am Ende
Gar der B�otier sich mit hinein,
So glaubt ihr, Ares selber schaue zu
Und merke sich mit Schaudern jeden Streich.
Gyges, und wenn du alle Preise dort
Errungen h�ttest, warnen m��t' ich dich,
Hier auch nur um den letzten mitzuk�mpfen.
Denn wild und blutig ging es immer her,
Doch w�rbest du, der Grieche und mein G�nstling,
Auch nur um einen Zweig der Silberpappel,
Wie man sie heut zu Tausenden verstreut:
Du k�mst mit deinem Leben nicht davon.

Gyges.
Nun habe ich dein ja, du kannst mir's jetzt
Nicht l�nger vorenthalten!

Kandaules.
          Nimmst du's so?
Dann mu� ich schweigen!

Gyges.
            Herr, ich kam nicht blo�,
Zu bitten!

(Er zieht einen Ring hervor.)

                Nimm! Es ist ein K�nigsring!
Du siehst ihn an, du findest nichts an ihm,
Du staunst, da� ich ihn dir zu bieten wage,
Du wirst ihn nehmen, wie vom Kind die Blume,
Nur um die arme Einfalt nicht zu kr�nken,
Die dir sie brach, nicht, weil sie dir gef�llt.
Unscheinbar ist er, das ist wahr, und schlicht,
Und dennoch kannst du f�r dein K�nigreich
Ihn dir nicht kaufen, noch ihn mit Gewalt
Trotz aller deiner Macht, dem Tr�ger rauben,
Wenn er ihn dir nicht willig reichen will.
Tr�gst du ihn so,

(mit Zeichen und Geb�rden)


da� das Metall nach vorn
Zu sitzen kommt, so ist er blo� ein Schmuck,
Vielleicht auch keiner, aber drehst du ihn
So weit herum, da� dieser kleine Stein,
Der dunkelrote, um sich blitzen kann,
So bist du pl�tzlich unsichtbar und schreitest,
Wie G�tter in der Wolke, durch die Welt.
Darum verschm�h ihn nicht, denn noch einmal:
Es ist ein K�nigsring, und diesen Tag
Ersah ich l�ngst, ihn dir zu �bergeben,
Du bist der einz'ge, der ihn tragen darf!

Kandaules.
Von unerh�rten Dingen kam auch uns
Die Kunde zu, man sprach von einem Weibe,
Medea hie� sie, welche K�nste trieb,
Die selbst den Mond herab zur Erde zogen,
Doch nie vernahm ich noch von diesem Ring.
Woher denn hast du ihn?

Gyges.
          Aus einem Grabe,
Aus einem Grabe in Thessalien!

Kandaules.
Du hast ein Grab erbrochen und entweiht?

Gyges.
Nein, K�nig, nein! Erbrochen fand ich's vor!
Ich kroch nur blo� hinein, um mich vor R�ubern
Zu bergen, die in gro�er �berzahl
Mir auf der F�hrte waren und mich hetzten,
Als ich in abenteuerlichem Triebe
Das �de Waldgebirge j�ngst durchstrich.
Die Aschenkr�ge waren umgesto�en,
Die Scherben lagen traurig durcheinander,
Und in dem falben Strahl der Abendsonne,
Der durch die Ritzen des Gem�uers drang,
Sah ich ein W�lkchen blassen Staubes schweben,
Das vor mir aufstieg, als der letzte Rest
Der Toten, und so seltsam mich bewegte,
Da� ich, um meinesgleichen, meine V�ter
Vielleicht, nicht unwillk�rlich einzuatmen,
Den Odem lange anhielt in der Brust.

Kandaules.
Nun? Und die R�uber?

Gyges.
        Hatten meine Spur
Verloren, wie's mir schien, denn fern und ferner
Verhallten ihre Stimmen, und ich glaubte
Mich schon gesichert, wenn ich auch noch nicht
Mein d�mmriges Asyl verlie�. Als ich
Nun so auf meinen Knieen kauerte,
Erblickte ich auf einmal diesen Ring,
Der aus dem w�sten Tr�mmerhaufen mir
Mit seinem Stein, wie ein Lebendiges,
Fast an ein scharfes Schlangen-Auge mahnend,
Entgegenfunkelte. Ich hob ihn auf,
Ich blies die Asche von ihm ab, ich sprach:
"Wer trug dich einst am l�ngst zerst�ubten Finger?"
Und, um zu sehen, ob's ein Mann gewesen,
Steckt' ich ihn an. Doch das war kaum geschehn,
So schrie man drau�en: "Halt! dort mu� er sein!
Siehst du das Grab? Heran, heran, Gef�hrten,
Wir haben ihn!" und rasch erschien der Trupp.
Ich aber, um nicht wehrlos, wie ein Tier,
Das man in eine H�hle trieb, geschlachtet
Zu werden, sprang hervor und st�rzte ihnen
Entgegen, hoch in meiner Hand das Schwert.
Die Sonne war dem Untergange n...
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