Anzengruber, Ludwig - G'wissenswurm; Bauernkomödie in drei Akten, Der.txt

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Der Gwissenswurm

Ludwig Anzengruber




Bauernkom�die mit Gesang in drei Akten




Personen:

Grillhofer, ein reicher Bauer

Nikodemi Dusterer, sein Schwager

Wastl, Michl, Rosl und Annemirl, Dienstleute bei Grillhofer

Die Horlacher-Lies

Leonhardt, Fuhrknecht

Poltner, der Bauer an der "Kahlen Lehnten"

Sein Weib

Natzl und Hans, deren S�hne

Knechte und M�gde im Grillhoferschen Hause



Urauff�hrung am 19.  September 1874 im Theater an der Wien




Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 1.  Szene




Erster Akt


Wohlh�bige Bauernstube.  Hintergrund links ein Doppelfenster, rechts der
Haupteingang.  Rechte Seite Fenster, links eine Seitent�r.  Vorne gegen
links ein Tisch mit mehreren St�hlen, gegen die Wand ein mit Leder
�berzogener Sorgenstuhl, an dessen R�ckenlehne ein Bettpolster.  Wie der
Vorhang aufgeht, ist die B�hne leer.  Auf dem Tische steht eine dampfende
Sch�ssel.  Vor dem Fenster sieht man Knechte und M�gde mit Rechen und
Heugabeln vorbeiziehen.



Erste Szene


Knechte und M�gde.

Chor.  Knechte.

Glei is die Sunn am Platz,
Mu�t dich halt schlaun,
Sunsten, mein lieber Schatz,
Brennt's dich ganz braun.



M�gde.

Mei Bub, geh, sag ma no,
Was k�mmert's dich?
Die Sunn, die brennt dich do
Schw�rzer als mich!



Beide (Jodler).

Jujujuheh!  (Ausklingend.)




Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 2.  Szene




Zweite Szene


Von links: Rosl (�ltere Magd) f�hrt Grillhofer, der sich leicht auf sie
st�tzt, herein.

Grillhofer.  Au weh!  Au weh!  Hebt schon wieder so a sakrischer Tag an.

Rosl.  No, kimm nur, Bauer.  Da steht schon dein Suppen; la� s'nit kalt
werdn.

Grillhofer.  Ah was--meintswegn.  Mir schlagt eh nix mehr an.  (Hat sich
mit Beschwer niedergelassen, schneidet bebend sich Brot in die Sch�ssel
und l�ffelt es mit Gier aus.)

Rosl.  Wer wei�, Bauer.  Wann dich der liebe Gott wieder gsund machen will.
..

Grillhofer.  Er will aber net!

Rosl.  Ah freilich!  Er wird schon wolln.

Grillhofer (schreit).  Er will aber net, ich wei�'s!

Rosl (erschrocken).  No ja, nachher is's was anders.

Grillhofer.  Wei�t, Rosl, du mu�t's nit so aufnehmen, wonn ich dich
anschrei!  Es is nit so b�s gemeint.  Aber wei�t, wonn man in Erkenntnus
der S�ndhaftigkeit schon so weit k�mma is, da� man sich frei in alles
schicket, wenn ein'm glei in Gottesnam der Teufel holet, so la�t man sich
selbn Zustand der Gnad von neamad mehr gern abreden.

Rosl.  No jo, freilich, freilich, wohl, wohl, Bauer, wann's a so is, so
bleib holt in dein Zustand.




Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 3.  Szene




Dritte Szene


Vorige.  Wastl (durch den Haupteingang).

Wastl.  Gutn Morgn, Bauer.

Grillhofer.  Gutn Morgn Wastl.  Na, na, la� nur dein Pfeif in Maul, geht
dir sunst aus.

Wastl.  Kann's wohl derwarten.  Es is f�r dich net zutraglich, kunnt dich
reizen, hust ehnder z'viel.--No werdn wir heunt schaun, da� wir's Heu
hereinkriegn, 's Wetter wird neama lang so sauber aushalten.  Gestern
schon um Mittag hot's in der Luft so g'flirretst, als w�r die a in der
Hitz verbr�selt und tat durcheinanderwoiseln, wann die Sunn durchscheint.
's is h�chste Zeit zum Dazuschaun!  Und a Heu is d�s, Bauer, so sch�n und
viel, und es riecht frei, da� eins umfalln k�nnt vor Gutheit.

Grillhofer.  Noja,noia.

Wastl (schupft die Achsel).  "No ja--no ja." Aber, Bauer, wann ich dir sag,
a Heu--'s �lteste Rindvieh da herum kann sich auf so oans nit besinna.
Gfreut dich denn gar nix mehr?  Nachhert gfreut ein'm a nix.  Wem gang's
denn was an, wann dich net?

Rosl.  Hast recht, Wastl, hast recht, sag ihm's nur h'nein!

Grillhofer.  La�ts es gut sein.  Wann ich so bin, is's doch eng nit
abtraglich.  Ich vergunn schon mein Nebenmenschen 's gute Heu.  Jo, jo,
gwi�.  Aber ich taug halt nix mehr auf derer Welt--na--na--mich bek�mmert
nimmer 's irdische, mich bek�mmert nur 's himmlische Heu, wovon gschriebn
steht: "Der Mensch welkt dahin wie Heu!", und da is mir nur um die Einfuhr
in den himmlischen Heuschober!

Wastl.  Jesses und Joseph, Bauer, mir kennt sich frei neama mit dir aus.
Wann ich dir fr�her gredt h�tt von so ein Heu, wie d�s a Heu is...!  Aber
seit dich nur allweil bek�mmerst, was gschrieben steht, gibst auf kein
vern�nftig Reden mehr was.

Rosl.  Hast recht, Wastl, hast schon recht, sag ihm's nur h'nein.

Wastl.  Seit dich vor ein halbn Jahrl der Schlag gstreift hat, bist neama
der alte.

Grillhofer.  Selb tat sich a net schicken!  D�s war a Deuter vom lieben
Gott, sider der Zeit halt ich still und wart auf'n zweiten.  Mei lieber
Wastl, du bist a guter Bub--a du, Rosl, ja, ja, du bist a a ehrlichs
Mensch--m��ts halt a Einsehn mit mir habn, noch d�s kleine Neichtel Zeit,
so mir bschiedn is; leicht moch ich noch fruher a End und zieh mich zruck
von alln weltlichen Wesen.  Ja, ja, konn leicht m�glich sein, ich bin no
lang net so, wie ich sein m�cht, hat sich doch vorhin, wie du k�mma bist,
Wastl, der Gwinst- und Spekalierteufl in mir a weng noch gr�hrt.  Na, na,
d�s d�rf net sein, da� sich 's Heu zwischen mich und mein Sch�pfer dr�ngt.
Na, na, ich hab eh gnug auf mir, dazuk�mma derf nix mehr, abwendig derf
mich nix mehr machen von die gottseligen Gedanken.

Rosl.  Tust doch, als w�rst der s�ndhaftigste Mon.  Hast leicht eins
umbracht?

Grillhofer.  D�s net, Gott sei Dank, Rosl, d�s net; aber 's Gegenteil auf
unerlaubte Art kunnt leicht m�glich sein.--Geh, lang mir das dicke Buch
dort her.  (Rosl holt die Postille von einem Schrank und legt sie vor
Grillhofer hin.)

Grillhofer.  So, und hiazt gehts all zwei in Gottsnam an enger Tagwerk und
ich geh an meins.  Is der Schwager noch net da?

Rosl.  Na.

Grillhofer.  Wann er kimmt, Rosl, so bring ein Wein und a weng a
Rauchfleisch eine.  Hizt gehts.  (Schl�gt das Buch auf und beginnt zu
lesen.)

Rosl.  Bh�t Gott!  (Ab durch den Haupteingang.)




Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 4.  Szene




Vierte Szene


Grillhofer und Wastl.

Grillhofer.  Bh�t dich Gott, Rosl!  (Kleine Pause, ohne aufzusehen.) Bh�t
dich Gott, Wastl!

Wastl.  Ich hob jo no nix gsagt.

Grillhofer (aufblickend).  Willst no was?

Wastl.  Es liegt mir schon lang auf.  �ber dein Schwagern, �bern Dusterer,
m�cht ich mich amal ausreden.

Grillhofer.  No, nur kein unbschaffens Wort!

Wastl.  Bewahr w�r mir a z' gring dazu, da� ich a unbschaffens Wort �ber
eahm verlier--der elendige Kerl.

Grillhofer.  Wastl!--Er is mein einziger Verwandter, der einzige Mensch,
der ein trostreichen Zuspruch f�r mich hat, dem was glegn is an mir in
Zeit und Ewigkeit.

Wastl.  Ich wei�'s eh, er is, der dich zu dem bu�fertigen Wesen hinzerrt,
wie 's Kalbl zur Kuh, wenn's es Saufen derlernen soll.

Grillhofer.  Hehe!  Sixt, Wastl, wie d' trotz deiner Boshaftigkeit nix
dagegen f�rbringa kannst!  's Kalbl mu� ja saufen, sunst wurd's hin!

Wastl.  Schon recht, Bauer, aber f�r a Kalbl warst mer doch schon z'viel
ausgwachsen.--Sag do selber, Bauer, wie d' no riegelsam warst, hat der
Dusterer kein Fu� �ber dein Staffel gsetzt--was findt er's denn hizt
vonn�ten, da� er dir alle Tag �bern Hals rennt?  Zwegn der Zeit und
Ewigkeit leicht?  Ka Red, meinst net selber, da� er sich zutatig macht,
weil er glaubt, es k�nnt die ganz Hinterlassenschaft an ihm falln?  Und
hat er dich erst da, nachher kunnst freili--von ihm aus--Gott
verh�t's--nit fr�h gnug selig werdn.

Grillhofer.  So mein ich ja eh selber!

Wastl.  Na alsdann, na sixt, is doch amal a gscheite Red von dir!  Oder
wie d' fr�her hast a Wartl davon falln lassen, da� d' dich m�chtst in die
Ruh setzen, meinst nit a selber, er wurd dir einredn, da� dein ganz
Bu�fertigkeit um a gut Tr�mmerl z' kurz war, wann du nit ihm 'n Hof
verschreibst und n�t bei seiner Sippschaft als Ausnehmer bliebst?  Han?

Grillhofer.  Na jo, so mein ich ja ehnder selber!

Wastl.  No, so sag ich, scheinheilig is er.

Grillhofer, Und ich sag, er is's net.

Wastl.  Wohl is er's!

Grillhofer.  Na, sog i!  Wastl, du bist a dummer Bua, du verstehst d�s net,
der Dusterer, der is so, der is so, wie er is.  Und zwegn dem, was mer
gredt habn, so tut das der Bu�haftigkeit kein Eintrag und werd i ihm's
doch net in �bel aufnehma, da� er auf sich schaut, wo sein Vorteil und der
meine Hand in Hand gehn.

Wastl.  Na, h�rst, da m�cht eins doch glei narrisch werdn!  Wann sein
Vorteil is, meinst nit, es kunnt wohl a a kleine Spitzb�berei mit
unterlaufen?

Grillhofer.  Na, Wastl, d�s net, d�s net!  Alls, was er f�rbringt, d�s is
nur zu wahr--nur zu wahr is's!

Wastl.  No, ich konn da nix sagn, ich wei� nit, wie er dich h'rumkriegt
hat, so hilft a kein Redn.

Grillhofer.  Host a recht, Wastl.  Redn is do von unn�tn! Der Dusterer ist
�ber ein Feldpater!  Alles kurz und eindringlich und hizt: glaub's oder
glaub's nit!  A Teuxelskerl sag ich dir, mit sein gottgf�lligen Wesen.
Dran glauben mu� man.  D�s hat er heraust, ja, ja, d�s hat er heraust!
Zwegn, da� er sein Vorteil sucht, selb is richtig, aber d�s tut nix, mag's
selber gern sehn, wann einer was treibt, er treibt's recht, aber ehrlich
mu�'s dabei zugehn!  Wann ich ihm dahinter kam, da� d�s kein Schickung is,
d� ihn in mein Haus f�hrt, da� net so sein m��t, wie er sagt, da� er auf
'n Herrgottn sein Rechnung lugt--Kreuzsakra, WastI, da kriegest a Arbeit.

Wastl.  Jesses, Bauer, schaff an, schaff nur glei an!

Grillhofer (l��t den Kopf h�ngen).  La� gut sein, Wastl, la�'s gut sein.
's kimmt n�t a so.--Er hat mich schon bei der richtigen Faltn.  Er hat
mich an oans erinnert, hon's schon lang vergessen ghabt--hizt aber hat sa
sich aufgriegelt, hizt sitzt's da und gibt kein Ruh mehr, der Gwissenswurm
is's--und da hilft kein Aufdammen.  Sch�n, sch�n unterdrucken hei�t's und
reuig sein.

Wastl.  Grillhofer, wann's wahr is, da� eins, das sein Art auf einmal
�ndert, bald verstirbt, so machst es neama lang, der Dusterer braucht net
lang mehr ernste Gsichter z'schneiden, der konn bald lachen.  Kreuzteufi!
Fr�her habn mer g'arbeit und sein dann lustig gwest all Tag und du warst
der Flei�igst und Lustigste, und wann ich denk, da� der alte Halunk dran
Schuld tragt, da� mir hizt dasitzen wie auf einer Kart...
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