Bilingualismus und Code-switching bei der zweiten türkischen Generation in der BDR. Sprachverhalten und Identitatsentwicklung.pdf

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Linguistik-Server Essen
Halime Banaz:
Bilingualismus und Code-switching bei der zweiten türkischen
Generation in der Bundesrepublik Deutschland.
Sprachverhalten und Identitätsentwicklung
©Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2002
Universität GH Essen, Fachbereich 3, FuB 6
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Inhaltsverzeichnis
Seite
0 Einleitung
1
1 Bilingualismus
7
1.1 Der psycholinguistische Ansatz (Sprachkompetenz)
8
1.2 Der soziolinguistische Ansatz (Sprachgebrauch)
12
1.2.1 Funktionaler Bilingualismus
16
1.2.2 Gesellschaftlicher Bilingualismus
18
1.2.3 Diglossie und Bilingualismus
22
1.3 Klassifizierungen von bilingualen Sprechern
24
1.3.1 Dichotomien: Früher und später Bilingualismus,
zusammengesetzter und koordinierter Bilingualismus
24
1.3.2 Ausgewogene bilinguale versus semilinguale Sprecher
27
1.4 Zusammenfassung und bilinguale Profile
29
2 Die soziale und sprachliche Situation der ersten türkischen Generation
32
2.1 Die Migrationsgeschichte türkischer Arbeitnehmer
32
2.2 Das Gastarbeiterdeutsch (GAD)
38
2.2.1 Das Pidgin-Modell
39
2.2.2 Untersuchungen zum Gastarbeiterdeutsch
40
2.2.3 Interkulturelle Kommunikation
42
3 Die soziale und sprachliche Situation der zweiten türkischen Generation
44
3.1 Zur sozialen Situation
44
3.2 Untersuchungen zur Primär- und Zweitsprachkompetenz
46
3.3 Migrantenkinder zwischen Spracherhalt und Sprachumstellung
50
3.3.1 Spracherhalt und Sprachumstellung
50
3.3.2 Faktoren, die den Spracherhalt und die Sprachumstellung beeinflussen
51
3.3.3 Der Einfluß der Domänen Familie und Schule
55
3.4 Der Einfluß der Medien
58
4 Code-switching (CS)
61
4.1 Sprachwechsel als Sprachverlust oder Identitätswechsel als Identitätsverlust?
62
4.2 Sprachkontakt
65
4.3 Definition des Begriffs „Code-switching“
65
4.4 Code-switching, Entlehnung und ad-hoc-Entlehnung
67
4.5 Die Funktion des Code-switching
71
4.5.1 Die funktional-sozialen Gründe nach Appel/Muysken
71
4.5.2 Myers-Scottons Modell der Markiertheit
73
4.6 Linguistische Regeln und Code-switching
78
4.6.1 Die Morphemrestriktion und das Äquivalenzmodell nach Poplack
79
4.6.2 Das Matrix Language-Frame Modell (MLF)
81
4.7 Psycholinguistik und Code-switching
86
4.7.1 Das Konzept der Auslösefunktion nach Clyne
87
4.7.2 Das Sprachmodusmodell von Grosjean
89
4.8 Bilinguale Kompetenz und Code-switching
90
4.9 Beispiele für das türkisch-deutsche Code-switching
92
4.9.1 Die Theorie der Morphemrestriktion und das Äquivalenzmodell
92
4.9.2 Das Konzept der Matrixsprache und das MLF-Modell
93
4.9.3 Spezifische Merkmale des türkisch-deutschen Code-switching
96
4.10 Die Bewertung des Code-switching
99
5 Die Identitätsentwicklung des Migranten
102
5.1 Der Identitätsbegriff
102
5.2 Soziologische und sozialpsychologische Identitätstheorie
und der Stellenwert der Sprache
103
5.2.1 Das Identitätskonzept von Mead
103
5.2.2 Das Identitätskonzept von Goffman
105
5.2.3 Das Identitätskonzept von Krappmann
107
5.3 Stigmatisierungen und deren Auswirkungen auf die Identität
109
5.4 Konzepte zur Identitätsentwicklung des Migranten
112
5.5 Schlußbetrachtung
116
6 Schluß
119
Literaturverzeichnis
124
0. Einleitung
„Die Gastarbeiter haben bei uns den Beweis dafür erbracht, daß die Verschmelzung
Europas und die Annäherung von Menschen verschiedener Herkunft und Gesinnung in
Freundschaft eine Realität sind. Dafür schulden wir ihnen Dank.” (Uçar 1982:VIII).
Weltweit kommen viele Menschen aus verschiedenen Gründen zusammen. Diese
Menschen haben von Grund auf verschiedene Wertvorstellungen, Normen,
Handlungsweisen, Denkweisen, Kulturen, Religionen und auch Sprachen. Sie leben
gezwungenermaßen in dem selben sozialen Raum. Ein möglicher Grund dieses
Zusammenkommens und Zusammenlebens ist die in den 60er Jahren in die BRD
erfolgte Arbeitsmigration. Seit fast 40 Jahren leben in der Bundesrepublik Deutschland
ausländische Bürger aus verschiedenen Ländern. Sie kamen als ‘Gastarbeiter’ im
Rahmen eines Rotationsprinzips in eine industrialisierte Arbeitswelt. Die notwendigen
kommunikativen Mittel zur Bewältigung der alltäglichen Probleme haben sie erworben.
Für einen weitergehenden Spracherwerb jedoch gab es keinen Grund, denn ihr
Aufenthalt in Deutschland beschränkte sich entsprechend dem Rotationsprinzip auf
kurze Zeit. Dieses Prinzip konnte sich nicht bewähren. Es zahlte sich nämlich nicht für
die Firmen aus, die angelernten Arbeitskräfte ‘aufzugeben’. Dieser Zustand sagte auch
vielen Arbeitern zu, denn ihre ökonomischen, politischen und wirtschaftlichen
Probleme blieben - trotz des längeren Aufenthaltes in Deutschland - unverändert.
Dies war unter anderem ein Grund für den längeren bzw. dauerhaften Aufenthalt der
Arbeiter. Die Familienangehörigen wurden nachgeholt, um eine Entfremdung von der
Familie zu vermeiden.
Die Bundesrepublik Deutschland verwandelte sich somit nach einer langen Zeit der
Monolingualität in eine partiell mehrsprachige Gesellschaft. Diese veränderte
sprachliche Situation gab der Soziolinguistik und der Kontaktlinguistik einen neuen
Forschungsbereich. Die bis zu der Zeit im englischsprachigen Raum entwickelten
soziolinguistischen Theorien konnten nun anhand der realen sprachlichen Situation der
‘Gastarbeiter’ angewandt und durch empirische Untersuchungen weiterentwickelt
werden. Es hängt jedoch von der Situation der zweiten - und den folgenden -
Generationen ab, ob die sprachliche Situation der Migranten weiterhin ein
1
Forschungsthema bietet. Ihre sprachliche Situation entscheidet über die Chance einer
andauernden Mehrsprachigkeit oder einer sprachlichen Assimilation an die dominante
Sprache.
Im Zentrum des neu entstandenen Forschungsbereiches stehen unter anderem die aus
der Türkei stammenden Arbeiter und ihre in Deutschland geborenen Kinder, weil sie
auch die Mehrheit der Arbeitsmigranten in der BRD darstellen. In den 80er Jahren
konzentrierte sich die Forschung auf die erste Generation. Es wurde untersucht, wie sie
mit den kommunikativen Anforderungen in der Fremde zurechtkamen. Man sprach bei
ihnen von der unzureichenden Zweitsprachkompetenz. Von ihren Kindern jedoch
wurde angenommen, daß das Aufeinandertreffen von Grund auf unterschiedlicher
Kulturen und Sprachen in einem Konflikt ende. Sie werden als ‘verlorene Generation’,
die sich sprachlich und sozial ‘zwischen zwei Stühlen’ 1 befinden, bezeichnet. Die
zweite türkische Generation würde sich zwischen den zwei Polen, der Sprache und der
Kultur des Herkunftslandes und der Sprache und Kultur des Aufnahmelandes,
befinden. Linguisten wie Fritsche (1982), Frederking (1985), Aytemiz (1990) gingen
sogar so weit in ihrer Behauptung, türkische Migrantenkinder in der BRD seien ein
Beispiel des ‘Semilingualismus’. Sie würden - verglichen mit monolingualen Sprechern
der jeweiligen Sprachen - weder die türkische noch die deutsche Sprache altersgemäß
beherrschen.
Anfang der 90er Jahre sprachen die Betroffenen selbst über ihre Situation in der BRD.
Sie legten eine Position dar, die zwischen diesen beiden Polen liegt. Sie wollten sich
nicht zwischen den beiden Positionen entscheiden und bezeichneten sich als
‘Deutschland- Türken’. Kennzeichnend für sie ist die positive Verbindung von
Elementen beider Kulturen und Sprachen.
Ich wollte mich als eine der Betroffenen insbesondere mit dem Sprachverhalten
türkischer Migrantenkinder bzw. -jugendlicher beschäftigen und die vorliegende Arbeit
zum Thema Bilingualismus und Code-switching bei der zweiten türkischen
Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Sprachverhalten und
Identitätsentwicklung schreiben. Die Identitätsentwicklung soll einen kurzen Teil
dieser Arbeit einnehmen. Als Angehörige der zweiten türkischen Generation in der
BRD, die Deutschland als ihre Heimat bezeichnet, wollte ich der Behauptung
1 vgl. beispielsweise Fırat (1991)
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