Wolfgang Hohlbein - Anders 2 - Im dunklen Land.pdf

(1581 KB) Pobierz
322946243.002.png
Wolfgang & Heike Hohlbein
anders 2
Im dunklen Land
ISBN 3-8000-5087-0
Umschlagillustration von Peter Gric
Copyright © 2004 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien
Druck: Ueberreuter Print
322946243.003.png
Das Buch
Als einziger Überlebender eines Flugzeugabsturzes irrt Anders
durch das dunkle Land - eine bizarre Welt mit brutalen Regeln, be­
völkert von seltsamen Kreaturen. Als er sich aufmacht, herauszu­
finden, was dem vergessenen Tal widerfahren ist, beginnt ein Alb­
traum…
Die Tiermenschen auf der anderen Seite der toten Stadt haben
Anders nur widerwillig bei sich aufgenommen. Sie begegnen dem
Fremden voller Misstrauen und Hass. Und während Anders’ Gefühle
für Katt, das rätselhafte Katzenmädchen, immer stärker werden,
wächst zugleich auch der Gedanke an Flucht. Doch bei dem Versuch,
gemeinsam mit Katt das ewige Eis der gewaltigen Berggipfel zu
überwinden, fallen sie dem Elder Culain und seinen Zentauren in die
Hände. Der Elder will Anders ins sagenumwobene Tiernan bringen
und Katt in der Schneewüste aussetzen. Vor die Wahl gestellt, dem
Ruf seines Herzens oder seinem Freiheitsdrang zu folgen, trifft
Anders eine folgenschwere Entscheidung…
3
322946243.004.png
1
Anders riss ungläubig die Augen auf.
Das Gesicht unter dem Helm war nicht das eines Schweins. Es war
das eines Menschen.
»Aber…?«, murmelte Anders.
»Aber was?« Der Elder hob auch die andere Hand, streifte den
Helm über den Kopf und klemmte ihn sich mit einer Bewegung unter
den linken Arm, die so routiniert wirkte, dass er sie wahrscheinlich
schon gar nicht mehr selbst bemerkte.
»Du… du bist kein…?« Anders stemmte sich mühsam auf beide
Ellbogen hoch und versuchte vergeblich einen klaren Gedanken zu
fassen - oder gar zu verstehen, was er da sah.
Er hatte das breite Gesicht eines Schweins erwartet, tückische
kleine Augen, in denen die pure Mordlust flackerte, eine breite rosa­
farbene Schweinsnase und dolchspitze Hauer, doch was er sah, war
ein kräftiges, dennoch fast asketisch geschnittenes Männergesicht
mit kräftigem Kinn, hoch angesetzten, markanten Wangenknochen
und leicht schräg stehenden dunklen Augen, die eher amüsiert als
zornig auf ihn herabsahen. Die Haut des Mannes war sehr hell, fast
schon weiß, und unter dem Helm war schulterlanges gewelltes Haar
von einem Schwarz zum Vorschein gekommen, wie es Anders noch
nie gesehen hatte. Seine Haut wirkte dadurch noch bleicher, als sie
ohnehin schon war, und er hatte auch das Gefühl, dass mit seinen
Ohren irgendetwas nicht so war, wie es sein sollte, aber er kam nicht
dazu, den Gedanken weiterzuverfolgen. Der Elder schüttelte den
Kopf wie ein Motorradfahrer, der seinen Helm abgesetzt hatte, und
seine schwarze Mähne floss zu beiden Seiten des Schädels fast bis
auf die Brust hinab und verdeckte den Blick auf seine Ohren.
»Ich weiß immer noch nicht, ob ich nun zornig werden oder dich
bewundern soll«, sagte er. »So weit wie du ist bisher noch keiner ge­
kommen, soviel ich weiß. Und hier herein ganz bestimmt noch
nicht.« Er sah sich mit unverhohlener Neugier um. »Ich habe mich
schon immer gefragt, was hinter dieser Tür liegen mag.«
4
322946243.005.png
Anders hörte nicht wirklich zu. Das konnte er gar nicht. Er konnte
nur dieses fremdartige Gesicht anstarren, von dem etwas ausging, das
er ebenso wenig in Worte fassen konnte, wie er sich seiner unheimli­
chen Faszination zu entziehen vermochte. Irgendetwas daran kam
ihm auf fast beängstigende Weise bekannt vor… nein. Nicht bekannt.
Das war das falsche Wort. Vertraut. Aber zugleich wusste er auch,
dass er diesen Mann noch nie zuvor gesehen hatte.
»Muss ich jetzt enttäuscht sein oder nur verwirrt?«, fuhr der
Krieger fort. Zwei, drei Sekunden lang sah er Anders fast
erwartungsvoll an, dann erlosch das Lächeln auf seinem Gesicht und
machte einem - durchaus freundlichen - Ernst Platz.
»Du hast ja Recht«, sagte er, obwohl Anders gar nichts gesagt hatte.
»Das ist jetzt wirklich nicht der richtige Moment, um Scherze zu ma­
chen. Und ich fürchte auch, wir haben kaum die Zeit dazu. Mein
Name ist Culain. Du bist Anders?«
Anders nickte. Er fühlte sich noch immer wie vor den Kopf ge­
schlagen.
»Ist das wirklich dein Name oder haben die Tiermenschen dich nur
so genannt, weil du anders bist als sie?«, fragte Culain.
Anders schwieg noch immer. Er konnte nichts sagen. Seine Kehle
war wie zugeschnürt. Es war alles umsonst gewesen!
Culain seufzte. »Du machst es mir nicht leicht, freundlich zu sein,
mein Junge. Ich bin nicht dein Feind, aber wenn du nicht mit mir re­
dest, wird es mir ziemlich schwer fallen, dich davon zu überzeugen,
fürchte ich.« Wieder wartete er sekundenlang vergebens auf eine
Antwort. Eine steile Falte erschien über seiner Nase; unwillig, wenn
auch nicht wirklich verärgert. »Ich bin nicht dein Feind, Junge.«
Anders wollte tatsächlich antworten, doch in diesem Moment rich­
tete sich Culain auf und schüttelte mit einem enttäuschten Seufzen
den Kopf. Sein Haar bewegte sich und seine Ohren…
… waren spitz wie die eines Fuchses!
Anders ächzte. »Aber…«
Culains Stirnrunzeln wurde noch tiefer. »Täusche ich mich oder ist
dein Wortschatz ziemlich beschränkt?«
»Du…«, murmelte Anders. »Du… du bist?«
5
322946243.001.png
Zgłoś jeśli naruszono regulamin