[Kuhnel 1986].pdf
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294554008 UNPDF
zAM
zeitschrrft für
Archäologie
des
Mittelarters,
Beiheft
4/19g6,
seite
405-424
Rheinland-verlag
GmbH,
t<.iin. rn
Kommission
bel
o..
nraotr
H"belt
GmbH.
Bonn
Zu
op.
LBnnNsvEnHArrNrssBN
rN
DER
MTTTELALTERLT.HEN
ZusnuupnFASSUNG
Sraor
urt
1200
von
Harry
Kühnel,
Krems
Nö
Der
Zeirabschnitt
um
1,2a0
war
im
Abend_
iand
geprägt
von
einem
tiefgreifenden
Wandel,
der
nichr
zuletzt
seine
ljrsache
im Investiturstreir
hatte.
Die
Menschen
der
abendländischen
\7elt
begannen
seit
dieser
geistigen
und
politischen
Auseinandersetzung
an
den bis
dahin
i-
groß.r,
und
ganzen unverändert
geltenden
Anscha,-rurrgen
zs.
.zweifeln,,sie
entdeckten
Widersprüche
und
fühlten
sich
verunsichert.
,,Neue
ärrßere
und
inner.e
Erfahrungen
führten
zu
Veränderungen
auf
allen Gebieten
des
Lebens. Man
hat
deshalb
vom
,Aufgang'
des
modernen
Europa
in
jenem
Jahrhundert,
von
der
,Renaissance,
Äes
n.phr_
hunderts
gesprochen,,l.
Ohne
Zwejfel
,äß.r,
solche
Bezeichnungen
auf
Kritik,
trotzdem
sind
Phänomene
zu
beobachten,
die
rechtfertigen,
von
einer
Umbruchszeit
zu
sprechen.
Der
A'ufbruch
der
mitrelalterlichen
Gesellschaft
und
die
Zunahme
vertikaler
und
horizontaler
Mobilität,
die
Anerkennung
der
,,Arbeit..
als
neues ethisches
und
religiöses
Leitbiid
durch die Kirche
im
Kon_
text mit
dem
wachsenden
Individualismus
ist
eine
der
Facettenz.
Einer
landschafts-
und strukturver_
ändernden
Intensivierung
von Ackerbau
durch
Pferd
mit
Kummetgeschirr
u.
a. m.
_
sreht
eine
Fülle von
Innovariorren
zr.r.
Radonalisierung
des
Handwerks
zur
Seite.
Die
rasche
V.rb..irurrg
von
Wassermühlen,
die
beginnende
Venvendunf
von
drehbaren
Bockwind-.ihl.r,
und
die Anrl.en_
dung
des
Wasserrades
im
Eir.rrhütt..r*.r..,
sowie
die
Entwicklung
des
Stuckofens
geben
ebenso
wie
die Erfindung
des
Trirnvebsiuhl.s
und
_die
Einführung
des
mechanischen
Spinnens
d.urch
d.ie
.Erfindung
des
Spinnrad.r,
A.rüß,
,
un
der
Schaffung
eines
frühkapitalis,lr.h.i
iVirt_
schaftssystems
einher,
waren
doch
Darlehen
und
Kredite
zur
Abwicklung
der
Geschäfte
unab_
dingbar.
\flesentlichen
-Anteij
an
der
Zäsur
d.er
Epoche
um
12OO
hat die
religiös_phiiosophische
Betrachtung
der
Wissenschafislehre.
Hl'rgo
rron
Sr.
Viktor
hat
im
i2.
Jahrhundeft die
alteiintei_
lung
der
sieben
artes
liberales erweitert
um
das
Gebiet
der mechanica.
Diese
spaitere er
in
sieben
mechanische
Künste
auf,
zu
denen die
Veberei,
die
Schmiede-
und Bautechnik,
ferner
a;e
Scniff_
fahrt,
Ackerbau,
Lebensmittelgewerbe,
H.il_
kunde
und
Schauspielkunst
gizähk
*.r.a..r.
felderwirtschafr,
schollenwendender
pflug
mit
festem Streichbrett,
Transport
schwerer
i.rr..,
1
rff.
Stürner,
Natur
und
Gesellschaft
im
Denken
des
I..!.
.
und
_Spätmittelalters.
Stuttgarter
B.i;;;
zlr
the Year
1200.
In:
The
year
12OO:
A
Symposium
1N.*
V..t
1.975)
10.
l.
.K
B_o_sla
Eyopa
im Aufbruch
(München
I98A) 298,291,
311j
-
H
Fuhrmann,
Deutsche öeschichte
im hohen
Mit_
3
F.
Klemm,
Zur
Kulturgeschichte
der Technik
(2.
Aufl.
Y.:".1.".
1e82) 66,
6eff.;-_
H.
K"ll.r,l;;r,'-dl"rr.rr.
telalter.
Deutsche
Geschichte,
hrsg. von
;o..hi.
i."r.lrr"r,
Bd.
2
(Göttrngen
1978) 39
ff.;
-"A.
f
ö"r;"*li..f_,,
O*
\X/irtschaftsgeschichte,
Bd.
1
(München
19741(;;.'
*"'
a*J..
Gimpel,
Die
industrielle
Revolution
J..
Mitt.l"lt.r,
(Zürich-München
1980)
35 ff
.,51ff.,
63.
Veltbild
des
mittelalterlichen
Mensch.n
lUlirr.h"n
ilsO;
293
ff.
405
erner,,rndustriellen
Revolution..
zu
sprechen+.
Für
den Handel,
der
überwieg.r,d
,,
Wasser
abgewickelt
wurde,
war von
eminenter
Bedeu_
tung
der
Bau
der
hochbordigen,
seegängigen
Segelschiffe
mit Heckrud..,
*J
d.r..h
j.rrr.r.,
die Manövrierfähigkeit
des
Schiffes
berachtlich
erhöht
und
das
kaufmännische
Risiko
g.r.rrkt
wurde.
Die
Intensivierung
des
Handels
gi.rg
-it
-
Drei_
Geschichte
und
politik
Bd. Z (Stuttgaä
ozs|
rc,
I
C.n.
T.
adner,
The Life of
the
Minde in
th!
Chr;rti"'n
\trLrt
".or:.,d
Diese
Aufwerrung
der
mechanischen Vissen-
schaften
durch
die
Einbeziehung
aller menschlich
Werk-Tätigen
hat
jene
geistigen
Voraussetzungen
geschaffen,
die
für
die
hochentwickelte Hand-
werkskultur des
Spätmittelalters
entscheidend
werden
so11ten5.
Nicht
unerwähnt
mögen
die
Auswirkungen
der
Kreuzzige bieiben,
denen
nach dem
ersten
religiösen
Überschwang
wegen
der vergeblichen Versuche,
das
Heilige
Land
zu
behaupten,
eine
Ernüchterung
folgte,
nicht
zuletzt auch
deshalb,
weil
es
außerhalb
des
Abendlandes
eine
eigenständige
Kulturweh,
näm-
lich
die der Muselmanen
gab,
die
,,das
Diesseits
zweckmäßiger,
reizvoller,
freudiger zu
gestahen"
wußten6.
Mit
Staunen
wurde man so
mancher
zivilisatorischer
und
wissenschaftlicher überle-
genheit gewahrT,
und
diese
Erkenntnis
führte
zunächst
in
den höheren sozialen
Schichten
des
Abendlandes sehr rasch
zu
erner
Hebung
der
materiellen Kultur8.
Viele der
Zeitgenossen
waren sich
des
Wan-
dels
und
Fortschritts
durchaus
bewußt.
Der
anonyme Verfasser
des
Traktates
De
rebus
Alsa-
ticis
rihmt
im
13.
Jahrhundert
den
technischen
Fortschritt
durch Verwendung
eisenbeschlagener
Vagen,
die
Verbesserung
der
Handwerksgeräte
-
ohne
zu
sagen,
worin
diese
Verbesserung
bestand
-
und
die erstmalige Verwendung
von
Beginn
des
13.
Jahrhundertslc.
Dieser
Fo::._-
verdrängte
nach Ansicht
von Guiot
r-on
l:-
Anfang
des
13.
Jahrhunderrs
im
milit-:::,:
Bereich
den,,Rirter",
dessen
Stel1e
d,l:;::
Armbrustschützen,
den
Minierer
und In:;:-
eingenommen wurdel
..
Die vielseitigen
und vielschichtigen
-\.:.
der Epoche
um
120012
lassen eine
Auseina:;.:,
zung
mit
dem
,,Lebenszuschnitt
und
Lebe:..:
dard der
hochmittelalterlichen
städtischen
G-,
schaft
auf der
Basis
archäologischer
Forsc:*.-
ergebnisse"
als
äußerst
wünsche::.-
erscheinen,
weil
die
interdisziplinäre
lVlethc:.
Archäologie
neue
Erkenntnisse auf
diifere
:::,.
Fragesteilungen
erwarten
1äßt.
Schon
im
19.
Jahrhundert
sind
::--..-
Bestrebungen
nachzuweisen,
mit
Hil::
Archäologie
Aufschlüsse über
die
Vergan:.
-
zu
erhalten,
insbesondere
die
von
französ:s:.
_
Wissenschaftlern
entwickelte,,arch6olo:i.
moyen äge"t:.
In
der
im
19.
Jahrhundert
.:!:
-
nenen
Grande Encyclop6die wurde
die ,\:,-
logie
in
zwei Abschnitte
geteilt,
in
die
..-\:;::
logie
de
l'art"
und
in
die
für
unser Them:.
,-
schlußreiche
,,Arch6ologie
des
usages
ri *i::
siles", die sich
dem
Studium der
Bekleiduri.
r:-
Hausgeräte
und
des Privarlebens
der
\ls:,-
-
-
schlechthin
widmen
solltela.
In
österreic::
,,.-:
Eduard
Freiherr
von
Sacken (1825-1S
S
j
:
-
Archäologe
im
französischen
Sinne
des
\\.:::..
1858
und
1878 erschien
der
,,Archäolo::,,.-.
Wegweiser
durch
Niederösterreich".
n--
:
-
jeweils
eine systematische
Erfassung und
\-e::--..-
sung
vorgenommen
worden
ist1s.
In
Deutsc::_.
_
hat
Moriz
Heyne (1,837-19a6), der
Grünce
:
-.,
Städtischen
Museums
in
Göttingen und \-er::.s,.:
des
\flerkes
,,Fünf Bücher deutscher
F{aus:--,..-
tümer von den
ältesten
Zerten
bis
zum
16.
T:--
-
hundert".
Pionierarbeit
geleisrer.
Er
ist
a
,
--
.
nicae"
im
Lexikon
des Mittelalters,
Bd.
1,
6.
Lieferung,
1063
f.;
-
P. Sternagel, Die
artes
mechanicae
im
Mittei-
alter. Münchener historische
Studien,
hrsg. von
J.
Spörl,
Bd.
2
tKallrnünz
tq66)
67
ff..
85
ff.
6
K. Hampe,
Der Kulturwandel
um
die
Mitte
des
12.lahr-
hunderts.
Archrv
für
Kulturgeschichte
2I
(1931)
129
it.;
-
Über die Konfrontation
mii
der
fremden
Kuliur
siehe V.
Rittner,
Kulturkontakte
und
soziales
Lernen im Mittelalter.
Kreuzzüge
im Licht
einer
mittelalterlichen
Biographie.
Kol-
lektive
Einstellungen und sozialer.ü/andel
im
Miaelilter,
hrsg.
r.on R.
Sprandel
Bd.
1
(Köln-\(ien
1.973)
741[., rc6
ff
.
7
A.
Lhotsky,
Die
österreichischen Länder
im
Hoch-
mittelalter,
in:
Katalog
Romanische
Kunsr
in
österreich
(Krems
1964)
6
f.
I
H.
Kühnel,
Das Alltagsleben
in
österreich
zur
Baben-
bergerzeit,
in:
Das
babenbergische
österreich (976-1246)
hrsg. von E. ZöI\ner (\Vien
19l8)
98 f.
,
MGSS
Tom.
12
(1.861'1
236;
H.
Kühnel,
Die
Minder-
brüder und ihre
Stellung zu
lVirtschaft
und
Geselischaft, in:
Katalog
8OO
Jahre
Franz von
Assisi
(\üien
1982)
4L
1c
rff.
Braunfels,
Abendländische
Klosterbaukui.:
:-
1.969) 3a6.
rr
J.
Le Gof
f
,
Kultur
des europäischen
Mittelalter.-
I.l-,
chen-Zürich 197q
365.
12
The year
1200.
A
Centennial Exhibition
at
The
\l:::
:
litan l{useum
of
Art
(New
York
1920)
XXXIV,
XL.
13
J.
von
Schlosser,
Die
\fi/iener
Schule
der
K::..::.
schichte. Mitteilungen des
Instituts
für
österrer;::
r
:
Geschichtsforschung, Erg. Bd.
13
(1934)
152 f.
la
H.
Kühne1,
Realienkunde
des Mittelahers
L:.
:.
frühen Neuzeit.
Jahrbuch
für
Landeskunde von
Nieci::, r::.
reich
NF
37,
1965/67, 225.
1s
J.
Schwerdfeger, Die
historischen
Vereine
',;,..
1848-1908
(Vien
1908)
81
-
Kunstgeschichte,
153
f.
Schlosser, \(iener Sc::-.
:.
446
Gips
für
die
Herstellung
von
Zementmörtele.
Eine wahre
Hymne
auf
den Fortschritt
durch
Einsatz
der
Vasserkraft
zum
Betreiben
einer
Mühle,
einer
\flalke und einer
Lohgerberei
sowie
zum
Entfernen
der Fäkalien
enrhält eine Beschrei-
bung
der
Cistercienserabtei
Clairvaux
vom
s
F. Klemm
(wie Anm. 3)
61
t.;
-
Artikel
,,artes
mecha-
stiger
Vater
der Göttinger
Stadtarchäologie
zu
bezeichnen; 1889
fand
im
Göttinger
Museum
bereits
eine
Ausstellung mirtelalterlicher
Boden-
funde
statt, und
in
seinen
Vorlesungen
in
Basel
und
Göttingen
zvr
Geschichte des Mittelalters
bezog
er
schon
Bodenfunde
als
Quellen
mit
ein.
In
Konstanz
hat
sich
beispielsweise Ludwig
Leiner
(1830-190i)
der
Mittelalterarchäologie
gewidmet.
Bei
Verlegung
des
Konstanzer
Wasser-
röhrennetzes
1872
untersuchte er die mittelalter-
lichen
Schichten
und
sammeite
das
Fundgut.
Leiner
legte
damit
den
Grundstock
für
die
mittel-
alterarchäologische
Sammlung
des
Rosgarren-
museumsl6.
Die
zeitgenössische
Archäologie
des
Mittel-
alters
mit
ihren verfeinerten Methoden
und
der
interdisziplinären Forschungsmethode
unter
besonderer
Heranziehung
naturwissenschaft-
licher
FachbereichelT
vermochre
in
den
letzten
beiden Dezennien
in nicht
unerheblichem
Maße
neue
Kenntnisse
und
Aspekte
zum
Thema
des
Kölner Kolloquiums
1984
zu
erbringen. Dies gilt
insbesondere
für
den städtischen Hausbau.
Die
Monumentenarchäologie,
die
in
der
Schvreiz vollständige
Flausunrersuchungen
anstrebt
und
sich
gemeinsam
mit
diversen Teil-
wissenschaften
als
Baustein
zu
einer
,,Stadt-
kunde"
versteht, hat
bei
Untersuchung von
Stein-
bauten,
die
bis
ins frühe
13.
Jahrhunderr
zurück-
reichen,
über
Bautechnik,
-materialien
und
Dimensionen der Häuser
wertvolle
Aufschlüsse
gebracht.
In
den Urkunden
wird für
den städti-
schen Hausbau
im
südwestdeutschen-schweizeri-
schen
Raum
zwischen
,,Holzhäusern"
und
,,gemauerten
Häusern"
logie über
Holzbauten
nur
Vermurungen
ange-
stellt
werden,
nämlich,
daß
es
sich
hierbei
um ein-
und
zweigeschossige
Ständerkonstruktionen
mit
Kopf-
und
Fußbändern unrer
einem
Kehlbalken-
dach gehandelt
haben
dürfte.
Der
Bau
eines sol-
chen
bürgerlichen
Holzhauses schildert
sehr
prä-
zise
Bruder
Wernher,
ein
Zeitgenosse
der
öster-
reichischen Herzöge
Leopold
VI. (t
1230) und
Friedrich
II. (t
1250).
Er hat
aus
seiner Erinne-
rung
festgehalten,
mit
welcher
Technik
der
Bau
errichtet
und
wie
dessen
Aussehen
beschaffen
war19.
J.
Schneider/Zirich
führt
zurecht
den
profanen
Steinbau
auf
die
Architektur
geistlicher
Immunitäten,
auf
herrschaftliche
Bauten2o
und
nicht
zuletzt auf
den
Sradtmauerbau
des 11./I2.
sowie
13.
Jahrhunderts
zurück.
Gerade
die
Vech-
selbeziehung
Mauerbau : Hausbau läßt
sich auch
andernorts
belegen.
,,Die
Mauer
war . .
.
das
sichtbarste Zeugnis
für
einen
autonomen
Bereich
der
Bürgerschaft.
So
enrstand
die
Mauer
zur
Abgrenzung
eines Rechtsbezirkes
und
als
demon-
stratives
Zeich.en
flir
Befestigungsrecht
und
Wehrhoheit,
d. h.
als
Teile
der
werdenden
städri-
schen
Autonomie"21.
Leopold
V.
von
Österreich
war
es
vorbehalten,
1194
mit
einem
Teil
des
Löse-
geldes des englischen
Königs Richard Löwenherz
die
große Ringmauer
für
\X/ien
in
Angriff
zu
nehmen
und
bis
1.221,
zu
vollenden,
wobei
die
kleinen
Siedlungskerne
vor
der alten Anlage
ein-
bezogen
und Raum
für
einen
großzügigen
Stadt-
ausbau
geschaffen
wurde.
Die für
den
Mauerbau
herangezogenen
italienischen
Bauhandwerker
haben nach
Fertigstellung
der
Befestigungsanlage
damit
begonnen,
im
Bereich
des
Hohen
Marktes
die
ersten
ein- bis
zweigeschossigen
Steinhäuser
mit
ein
bis
zwei
Fensterachsen
zu
errichten22.
Aussehen
und
Beschaffenheit dieser
Steinhäuser
weisen eine gewisse
Ah.rlichkeit mit
der Beschrei-
unterschiedenl8,
jedoch
können
von
der Archäo-
Scherben
sind
Geschichte.
Alte und
neue
Funde
zur
Kon-
stanzer Stadtarchäologie.
Ein
Begleitheft
zur Aussteilung im
Rosgartenmuseum, von
Judith
Oexle
(Konstanz
1'984) 8 f.
tz
Vgl.
die kritischen
Bemerkungen
von
R.
Wenskus,
Randbemerkungen
zum
Verhältnis
von Historie und Archäo-
1ogie, insbesondere mittelalterliche Geschichte
und
Mittel-
alterarchäologie.
Vorträge
und
Forschungen Bd.
22
(Sigma-
rtngen
1979) 641 [.
1s
Über
das Verhältnis Steinhäuser
;
Holzhäuser
in
Köln
1286
siehe
J.
Greving,
Wohnungs-
und
Besitzverhältnisse
der
einzelnen
Bevölkerungsklassen
im
Kö1ner Kirchspiel
St.
Kolumba vom
13.
bis
16.
Jahrhundert.
Annalen
des
Histo-
rischen Vereins
für
den
Niederrhein
78
(1904) 13;
-
H.
Kühne1,
Das Alltagsleben
im
Hause
der
mittelalterlichen
Stadt,
in:
Haus und Familie in der spätmittelalterlichen
Stadt,
hrsg. von
Alfred
Haverkamp
(Köln-Vien
1984)
:
Städtefor-
schung: Reihe
A,
Bd.
18,
39.
le
H.
Kühnel
(wie Anm. 8)
100
f.
20
C.
Meckseper,
Kleine
Kunstgeschichte der
deutschen
Stadt
im Mittelalter
(Darmstadt 1982)
1,\3
vertritt
die Mei-
nung, daß die
herrschaftlichen Bauten
nicht
unbedingt
das
Vorbild für
die
städtischen Steinhäuser gewesen
sein
mußten,
sondern daß auch eine Umformung geläufiger
mehrgeschos-
siger
Holzbauten
in
Steinbauweise
zu
erwägen
sei.
21
E. Maschke, Die
deutschen Städte
der
Stauferzeir,
in:
Katalog Die Zeit der
Staufer
Bd. 3 (Stuttgart
1977) 61.
22
H.
Ladenbauer-Orel,
Archäologische Bürgerhausfor-
schung
in
\Vien.
Archäologisches Korrespondenzblatt
3
(1.973)
371
ff.;
-
dies., Bemerkungen
zur
archäologischen
-Viens
('Wien
1981) 33 f.
P.
Csendes,
Geschichte
447
-
wie
auch anderwärts
-
16
5
Jahre
Stadtarchäologie.
Das
neue
Bild
des
alten Göt-
tingen, hrsg.
von
S.
Schütte
(Göttingen
1984) 1O;
-
Stadtkernforschung in
\Wien.
Mannus.
Zeitschrift für
deutsche
Vorgeschichte 39 (1973)
29
f
.;
-
bung
in
der
Chronik De
rebus
Alsaticß
auf,
worin
es
für
Straßburg
und
Basel
heißt,
daß die
aus
Stein
gebauten
Häuser
nur
wenige
und kleine
Fenster
haben und
es
im Inneren
an
Licht
mangle23.
\(/ie
J.
Schneider
an
eindrucksvollen
Beispielen
aus
Zirich,
Basel, Schaffhausen
und
Frauenfeld nach-
weisen
konnre,
besaßen diese gemauerten
Häuser
unterschiedliche
Grundrißmaße
(11
x
16
m;
7,5
x
10
m
das
dreigeschossige
Haus
,,Zum
Rech"
in
Zirich;5
x
6
m),
wobei
für
das
bis
zu
1,5
m
starke
aufgehende
Mauerwerk
größere
Bol-
len- und
Feldsteine
verwender
worden
sind. Der
zunehmende
Hausbau
mit
Sreinen
sollte
bald zu
einer
Verknappung des Baumaterials führen,
so
daß
man
im
13.
Jahrhundert
sich
auch
mit
klei-
nerem Bollen-
und
Lesesteinmaterial zufrieden-
geben
mußte.
Die
allgemeinen
Angaben
der
Elsässer
Chronik
werden durch
die
Monumentenarchäologie insofern
korrigiert,
als
z.
B.
das
Steinhaus am
Neumarkt
4
in
Zürich vier-
geschossig,
jenes
in
der
Schneidergasse
in
Base1
dleigeschossig
war, und zwar
bei einer
Geschoß-
höhe
von 2,20-2,4A m.
Solche Gebäude
mit
aus-
gezeichneten
Eckverbänden
bzw.
seit dem
ausge-
henden
12.,
beginnenden
13.
Jahrhundert
in
Zirich
mit
Bossen-
oder
Buckelquadern
waren
offensichtlich
im
Besitz
der
gehobenen sozialen
Schicht
und
solcherarr auch Statussymbol. Die
seit
dem späten
13.
Jahrhundert
beiiebte
Quader-
malerei
für
profane Innenräume beweist
einmal
mehr,
daß
die
durch
Fugenbemalung imitierten
Quader
als
wichtigstes großflächiges
Dekora-
tionselement
zum Inbegriff der
repräsentariven
Steinarchitektur geworden
sind2a.
Frau
A.
Wiedenau/Köln, die sich
schon
1.979
tn
ihrer Dissertarion
und
jüngsr
im
34. Band
des
,,Deutschen
Bürgerhauses" (1984)
mit
den
romanischen
Wohnbauten
im
Rheinland bzw.
in
westdeutschen Städten
befaßt
hat, erbringt
den
Nachweis,
daß
der
seit dem Ende des
12.lahr-
hunderts
sich
entwickelnde
neue
bürgerliche
Wohnhaustyp
aus älteren
Traditionen
des
roma-
nischen \flohnhauses
wie z.
B.
des
Hauses Langen
Hecke
6
in
Münstereifel
oder
des Vohnhauses
der
alten
erzbischöflichen
Pfalz
zü
Kö1n
erwachsen
ist.
Solche
Vorgängerbauren
waren
einerseits
die
vom
städtischen
Adel
bevorzugten
Bautypen
der
arx und
des
tunis,
wobei
am Ende
des 12.
Jahrhunderts,
bedingt durch
die
ge-
schwächte
Stellung
des
Adels
in
den rheinischen
Städten,
auch der Einfluß
der
feudalen
Bauweise
zurückging.
Zum
anderen
gewann
seit der
Mitte
des
12.
Jahrhunderts
der
von
der
Geistlichkeit
getragene, neue
Bauformen
ausbildende
Immuni-
tätsbau merklich an
Bedeutung. Diese Immuni-
tätsbauten bilden
das
wichtigste
Bindeglied
zum
bürgerlichen
Wohnhausbau
des
13.
Jahrhun-
derts2s.
Die Motivation
zum
spezifischen
bürger-
lichen \Tohnhaustyp,
nämlich dem
Köiner
Gie-
belhaus,
ist
im
steigenden
Selbstwertgefühl
des
Bürgertums zu
suchen,
das
auf
Grund
des
poliri-
schen
und
kulturellen
Einflusses
eine
ihm
adäquate
repräsentative
Fassadengestaltung
zur
Straßenseite
anstrebte.
Damit
wurde
ein
neues
städtisches Element
geschaffen, das
sich
durch
einen hohen
Stufengiebel,
angemessene
Höhe
durch
drei
Geschosse
und ein
eingetieftes
Keller-
geschoß
zLrr
Y
o r
r ats
-
und
\fl
arenlagerun
g
manif
e-
stierte.
Dieses Giebelhaus
war
selbstverständlich
von
der
Straße
her zugänglich,
was
gleichfalls
als
Ausdruck
des Sozialpresrige
zu
werren
ist,
Dies
wird
insbesondere
in
dem einzig erhalten
geblie-
benen
Haus
dieses
Typs,
dem Overstolzenhaus
in
der
Rheingasse
Nr.
8
zu
Köln
augenfällig, handelr
es
sich doch
um
ein Patrizierhaus,
das
nicht
als
Vohnhaus
konzipiert wurde und
deshaib
auch
jegliche
Zweckmäßigkeit
vermissen
1äßt. Die
Beweggründe
für
dessen
formenreiche
und
auf-
wendige
Gestaltung
lagen einzig
im
Anspruch
auf
die
Zugehörigkeit
zur
städrischen
Führungs-
schicht.
Hier
liegt
eine
auffallende Parallele
zu
den
Regensburger
Patriziertürmen
vor.
,,Der
äußere
Schmuck
wie
Fensterarkaden,
Ztnnen,
Eckquader
und die
große
Höhe
sowie Vehrhaf-
tigkeit"
(F.
Arens) verliehen den Türmen
Macht
und Vürde,
waren
aber
ebenso
ein Zeichen
des
Reichtums
der
Patrizier2e
.
Der
,,Städtische
Hausbau
in
Norddeutsch-
land",
über
den
G.
Fehring/Lübeck
referierte.
r
MCSS
Tom.
17
(1861.) 236.
2a
Das
neue
Bild
des alten
Zürich, hrsg. vom Büro
für
Archäologie/Zürich
(2.
Aufl.
ZnrtchIgS4)64f.;-
Ch.
Gut-
scher-Schmid,
Bemalte
spätmitrelalterliche
Repräsenta-
tionsräume
in Zirrch,
in: Nobile
Turegum multarum
copia
regum
(Zürich
1982)
87
.
-
Zu
dem
umstritrenen Einfluß
des
Mrttelmeerraumes auf die Einführung
des Steinbaues siehe
J.
Schepers,
Mrttelmeerländische Einflüsse
in
der
Bau-
und
rVohnkultur
des westLchen Mitteleuropa,
in:
Europäische
Kulturverflechtungen im Bereich
der
volkstümlichen überlie-
ferung.
Festschrift
zum
65. Geburtstag Bruno
Schiers
(Göt-
tingen 196l)
13
ff.
25
A. Viedenau,
Romanrsche
rü/ohnbauten
im
Rheinland,
in:
Hausbau
im
Mittelalter.
Jahrbuch
für
Hausforschung
33
(1,983)
172
[.
408
weist
z.
T.
gewisse
Analogien
zur
Baugenese
im
südwestdeutsch/schweizerischen
Raum wie
auch
in
den Rheinlanden auf, läßt
zum
anderen
aber
auch eine
völlig
eigenständige
architektonische
Funktionsentwicklung
und
Formensprache
erkennen.
Gemeinsam
ist
diesen
Landschaften
bis
zur
Mitte
des
12.
Jahrhunderts
die
Holzbautradi-
tion. Die
Pfostenbauten
in
Minden
und
Schleswig,
Emden
und
Hamburg
waren
ein-
schiffig
und
häufig
auch einräumig, vermutlich
aber schon
mit
Sparrendächern
versehen.
Sie
wurden
in
der zweiten
Hälfte
des
12.
Jahrhun-
derts durch
Ständerbauten abgelöst,
die
nach
den
Grabungsbefunden
in
Minden
schon
auf
LJnter-
lagsteinen,
in
Danzig
und
Lübeck
in
der
ersten
Hälfte des
13.
Jahrhunderts
bereits
in
Grund-
schwellen
eingezapft
waren27.
Diese
Technik
ermöglichte
größere Dimensionen
im
Grundriß,
war
aber
auch
Voraussetzung
für
den
Fach-
werkbau
und die Errichtung
mehrerer
Geschosse
sowie
der
hohen
Diele.
Die
zahlreichen
Holz-
bauten
wgrfen naturgemäß
die
Frage nach
dem
Baustoff auf. Beim
Haus Rote
Straße
Nr.
25 in
Göttingen,
dem
ältesten Bürgerbau
Niedersach-
sens,
wurde
die
Entdeckung
gemacht, daß
die
Hälfte
des
Dachwerks bereits
aus
\Teichholz
besteht,
weil
das
zuvor
verwendete Eichenholz
nicht
mehr
im
üblichen
Umfang
zur
Verfügung
stand;
diese mittelaherliche
Energiekrise
löste
man
durch
Fleranziehung
von
Weichholz, weil
Eichenholz
teuer hätte
importiert
werden
müssen28.
Die
feudalen
Bautypen
der
arx und
des
turris
erfuhren
eine
Umstrukturierung
und
führten zur
Ausbildung
zweigeschossiger,
unter-
kellerter
Steinbauten, die seit
der zweiten Hälfte
des
12.
Jahrhunderts
in
Westfalen
im
rückwär-
tigen Bereich
der
Kaufmannshöfe
als
,,Stein-
werke",
d.
h.
als
feuerfeste
Speicher
für
wertvolle
Handelsware
dienten.
Im
südlichen
Nieder-
sachsen
sowie
in
Lübeck
dienten
diese
Stein-
bauten
als
straßenseitige
,,Kemenaten..
und
erfüllten
\Tohnfunktionen.
Die
steinernen
Saalge_
schoßbauten
sind
überwiegend
im
12.
Jahrhun-
dert
in
den Städten
Nordwesteuropas
errichtet
worden,
wobei
es
sich
um
mehrgeschossige Stein-
bauten
handelt,
die
im
Obergeschoß
die
wichtig-
sten
\X/ohnräumlichkeiten
besaßen. Solche
Saalge-
schoßbauten
erreichten
zuweilen
enorme
Dimen-
sionen, erwa
der Bau
in
der
Heydenstraße
in
Braunschweig
45
m
Länge
(1274), während
das
Haus Koberg
Nr.
2
gegenüber
dem
Heiligen-
Geist-Spital
in
Lübeck
eine
Grundfläche
von
11,5
x
19
m
einnahm
und über zwei,
nach
einer
Aufstockung
sogar
über
drei heizbare
Geschosse
verfügte.
Das
norddeutsche
steinerne
Dielenhaus
ist
für
Lübeck
durch
Bauunrersuchungen
erst
seir
der zweiten Hälfte
des
13.
Jahrhundeits
belegbar
(beispielsweise
das
Haus
Königstraße
Nr.
3O).
Man
hat
es
hierbei
nicht
mit
einem
gänzlich
neuen
Haustyp
z1r tLtn,
sondern
mit
einer
Fortentwick_
lung der
einschiffigen
Ständerbauten
und
deren
Umsetzung in
Stein oder
Backstein2e.
Der Handel
mit
Massengütern,
vornehmlich
mit
Getreide,
bedingte einen
Hausrlp,
der
gegen
Feuer
sicher
sein
und über
eine überdurchschnittliche
Spei-
cherkapazitat
verfügen sollte. Der
übergang
,rom
Holzbau zum
Steinbau brachte
auch rechlfiche
Veränderungen
im
Bereich
des Grundeigentums
mit
sich.
Das Flaus
wurde in
der
ersten
Hälfte
des
13.
Jahrhunderts
noch
als
Fahrnis
betrachtet,
weil
im
Falle
der Kündigung
des geliehenen
Bodens,
wie
ein Beispiel von
1223
in
Lübeck
bezeugt,
die
aus
Holz
errichteten edificia
abgebrochen
und
an
anderer Stelle
wieder
aufgebaut
werden
konnten.
Nach
den beiden
Stadtbränden
von Lübeck
in
der
zweiten
Hälfte
des
13.
Jahrhunderts
wurde durch
einen
Ratserlaß
verfügt,
daß
nur
mehr
aus
Stein
oder
Backstein
gebaut werden sollte,
d.
h.,
daß
das
Bauwerk
fest
mit
dem
Boden
verbunden
war"
Am
Ende des
13.
Jahrhunderts
scheint man
in
Lübeck
Boden
und
Bauwerk
als
Einheit
betrachtet
zu
haben, nachdem
schon
IZ27 erx-
Z_eits.chrift
71/72
(1976/77)
6;
--
rW.
Unverzagt,
E.
Nichel,
Ausgrabungen
in
der
Altstadt von Magdebirg,
in:
N,eue
Ausgrabungen
in
Deurschland
(Berlin
195g)
589,
Abb.
4-7,
mit
Beispielen
,.on
*ohrrtrrr-ähnlichen
Häur.r.,
in
Magdeburg.
u
Man
vergleiche
hierzu die
Schilderung
des
Jacobus
von
Brügge
aus
dem
Jahre
1.21,9
über
Aussehen"und
Funktion
der
Holzhäuser
in
Spandau;
A. von Müller,
Edelmann...
Bürger,
Bauer,
Bettelmann. Berlin
im
Mittelalter (Frankfurt/
Main
1981)
1.7
ff
,,25.
'ZS
5
Jahre
Stadtarchäologie. Das
neue
Bild
des
alten
Göt_
tingen
(1
984) 33;
-
über
den
Holzverbrauch
bei der
pfalz
von
Gelnhausen
siehe
C.
Arens
(wie
Anm.26) (1g-20
OOO
Pfähle).
Für
das
Spätmitteialrer: Alitag
im Spätmittelalter,
hrsg.
von
H.
Kühnel
(Graz-Köln
1984)
78
ff.
2e
Zur
Herstellung einer
großen
Anzahl von
Backsteinen
waren
leichr
abbaubarer
Ton und
Lehm und
genügend
Holz
als
Brennmaterial
erforderlich;
siehe
K. B.
Kruse, lacksteire
und
Holz
-
Baustoffe
und
Bauweise
Lübecks im Mittelalter,
in:
Hausbau
im
Mittelalter.
Jahrbuch
für
Hausforschung
33
(ie83)
38
f.,
45 f.
449
e
.C.
I4eckseper
(wie
Anm.20)
112f.;-
F. Arens,
Der
Saalhof
zu Frankfurt
und die Burg
zu
Babenhausen.
Mainzer
Plik z chomika:
nennie
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